Gesetzestext

 

(1) 1Eine Person, der ein Schiedsrichteramt angetragen wird, hat alle Umstände offen zu legen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können. 2Ein Schiedsrichter ist auch nach seiner Bestellung bis zum Ende des schiedsrichterlichen Verfahrens verpflichtet, solche Umstände den Parteien unverzüglich offen zu legen, wenn er sie ihnen nicht schon vorher mitgeteilt hat.

(2) 1Ein Schiedsrichter kann nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen, oder wenn er die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt. 2Eine Partei kann einen Schiedsrichter, den sie bestellt oder an dessen Bestellung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen, die ihr erst nach der Bestellung bekannt geworden sind.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm macht noch einmal deutlich, dass die Unparteilichkeit und die Unabhängigkeit der Schiedsrichter die absolut zentrale Grundlage jedes schiedsgerichtlichen Verfahrens darstellt. Insofern knüpft die Norm an die Regelungen der §§ 1034 II, 1035 V an. Die Verpflichtung zur Wahrung der Unparteilichkeit und der Neutralität wird sowohl dem Schiedsrichter selbst im Wege der Pflicht zur Offenlegung auferlegt als auch den Parteien iRd Möglichkeiten der Ablehnung des Schiedsrichters angetragen. Die Norm ist damit letztlich die grundlegende Absicherung für die Integrität und Rechtsstaatlichkeit eines schiedsgerichtlichen Verfahrens (grdl vgl Kornblum). Die Norm gilt auch für Sachverständige (§ 1049 III).

B. Pflichten des Schiedsrichters.

 

Rn 2

Die zentrale Bedeutung der Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit des Schiedsrichters hat den Gesetzgeber veranlasst, dem Schiedsrichter selbst konkrete Pflichten zur Prüfung und zur Offenlegung von Umständen aufzuerlegen, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit auftreten lassen können. Eine solche Prüfung und Offenlegung setzt voraus, dass dem Schiedsrichter im Einzelnen deutlich ist, welche Umstände solche Zweifel auslösen können (s.u. Rn 5). Wie Abs 1 S 2 zeigt, besteht die Prüfungspflicht eines Schiedsrichters und seine Offenbarungspflicht bei Vorliegen solcher Umstände sowohl vor Beginn der Übernahme des Schiedsrichteramtes als auch nach seiner Bestellung bis zum Ende des schiedsrichterlichen Verfahrens fort. Das Gesetz enthält freilich keinen zwingenden Ausschluss vom Schiedsrichteramt analog § 41. Vielmehr wird auf der Basis der Offenlegung von Bedenken durch den Schiedsrichter den Parteien ein Ablehnungsrecht gegeben. Darin zeigt sich eine gewisse Sonderstellung des Schiedsverfahrens ggü der staatlichen Justiz. Verletzt der Schiedsrichter seine Offenlegungspflicht, so kann dies zu einer Haftung auf Schadensersatz nach § 280 BGB oder nach den Regeln der culpa in contrahendo (§§ 311 II, 241 II BGB) führen. Die Verletzung einer solchen Offenbarungspflicht kann im Aufhebungsverfahren oder im Vollstreckbarerklärungsverfahren geltend gemacht werden (BGH NJW 18, 70 [BGH 02.05.2017 - I ZB 1/16] unter ausdrücklicher Aufgabe von BGH NJW 99, 2370 [BGH 04.03.1999 - III ZR 72/98]). Die Offenbarungspflicht des Schiedsrichters bezieht sich nur auf Umstände, von denen er annehmen muss, sie könnten bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an seiner Unparteilichkeit erwecken (KG SchiedsVZ 10, 225 [KG Berlin 07.07.2010 - 20 SchH 2/10]).

Soweit ein Schiedsrichter seine Pflichten nach Abs 1 verletzt, kann er sich nicht auf ein Haftungsprivileg analog § 839 BGB berufen.

C. Ablehnung eines Schiedsrichters durch die Partei.

 

Rn 3

Abs 2 gibt den Parteien ein Recht, den Schiedsrichter abzulehnen, wenn berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit bestehen. Erweitert wird dieses Recht auf den Fall, dass der Schiedsrichter die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt. Einen Ausschluss des Schiedsrichters kraft Gesetzes kennt die rechtliche Regelung nicht. Die Rechtspraxis geht in zwei Fällen davon aus, dass dennoch ein Ausschluss des Schiedsrichters kraft Gesetzes gegeben ist, nämlich wenn er in eigener Sache tätig wird (Schwab/Walter Kap 9 Rz 5) oder wenn er geschäftsunfähig ist (BGH NJW 86, 3079 [BGH 05.05.1986 - III ZR 235/84]). Praktisch ist in solchen Fällen nach § 1038 zu verfahren. Sein Amt endet dann kraft Gesetzes.

Als Gründe für eine Richterablehnung nennt das Gesetz die berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit und lässt damit einzelne Ablehnungsgründe offen. Insb wird kein Bezug zu den §§ 41, 42 hergestellt. Es ist freilich anerkannt, dass das Vorliegen von Gründen nach den §§ 41, 42 einen wichtigen Anhaltspunkt für die Schiedsrichterablehnung geben kann (zu Einzelheiten s.u. Rn 5).

D. Einschränkung der Schiedsrichterablehnung.

 

Rn 4

Anders als bei staatlichen Gerichten ist beim Schiedsgericht zu bedenken, dass die Schiedsrichter von den Parteien selbst bestellt worden sind. Daher enthält Abs 2 S 2 eine Einschränkung des Ablehnungsrechts für diejenige Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, den sie selbst bestellt hat oder an dessen Bestellung sie mitgewirkt hat. Als Ablehnungsgründe kommen hier nur solche Umstände...

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