Zusammenfassung

 

§ 17c GVG(1) Werden Zuständigkeitskonzentrationen oder Änderungen der Gerichtsbezirksgrenzen aufgrund dieses Gesetzes, aufgrund anderer bundesgesetzlicher Regelungen oder aufgrund Landesrechts vorgenommen, stehen in diesen Fällen bundesrechtliche Bestimmungen, die die gerichtliche Zuständigkeit in anhängigen und rechtshängigen Verfahren unberührt lassen, einer landesrechtlichen Zuweisung dieser Verfahren an das neu zuständige Gericht nicht entgegen.

(2) 1Ist im Zeitpunkt der Zuweisung die Hauptverhandlung in einer Straf- oder Bußgeldsache begonnen, aber noch nicht beendet, so kann sie vor dem nach dem Inkrafttreten der Zuständigkeitsänderung zuständigen Gericht nur fortgesetzt werden, wenn die zur Urteilsfindung berufenen Personen personenidentisch mit denen zu Beginn der Hauptverhandlung sind. 2Soweit keine Personenidentität gegeben ist, bleibt das Gericht zuständig, das die Hauptverhandlung begonnen hat.

A. Inhalt und Zweck der Regelung.

 

Rn 1

Der durch Art 28 des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs v 5.7.17 (BGBl I 2208, 2225) eingefügte § 17c I stellt klar, dass Zuständigkeitsänderungen in Form von Zuständigkeitskonzentrationen oder Änderungen der Gerichtsbezirksgrenzen durch bundes- oder landesgesetzliche Regelungen auch bereits anhängige bzw rechtshängige Verfahren erfassen können. Der bundesrechtliche Grundsatz der perpetuatio fori (vgl § 17 I 1) steht dem nicht entgegen. Vielmehr erlaubt die Regelung als Übergangsvorschrift ausdr eine Durchbrechung dieses allgemeinen Grundsatzes auch für landesrechtliche gerichtsorganisatorische Maßnahmen, ohne dass es insoweit einer auf Einzelverfahren bezogenen Abgabe- oder Verweisungsentscheidung bedürfte. § 17c betrifft ungeachtet seiner Stellung iRd §§ 17 ff nach seinem Wortlaut nicht die Rechtswegzuständigkeit. Die neue Regelung ist lediglich als Klarstellung gedacht (BTDrs 18/9416 S 101, BRDrs 236/16 [Beschluss] S 21, BTDrs 18/12203 S 2) und fördert die Effektivität von Zuständigkeitskonzentrationen (vgl insb §§ 13a, 23d GVG, § 33 III JGG, § 105 UrhG), indem sofort alle auch bereits anhängigen bzw rechtshängigen Verfahren einem insoweit spezialisierten Gericht zugewiesen werden können. Damit soll gleichzeitig verhindert werden, dass sich ein bisher zuständiges Gericht mit der nunmehr grds einem anderen (sachnäheren) Gericht neu zugewiesenen Sache weiter befassen muss (dazu Kissel/Mayer § 17c Rz 1). Obwohl der Gesetzesentwurf Zuständigkeitsänderungen im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Blick hatte (vgl BRDrs 236/16 [Beschluss] S 21, BTDrs 18/12203 S 91), ist § 17c für alle Gerichtsbarkeiten von Bedeutung.

B. Ausnahme.

 

Rn 2

Den besonderen Erfordernissen des Strafprozessrechts trägt Abs 2 Rechnung: Da nach § 226 I StPO die Hauptverhandlung in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen erfolgt, ist in Verfahren, in denen die Hauptverhandlung bereits begonnen hat, die Zuweisung zu einem anderen Gericht nur dann möglich, wenn sich hierdurch die zur Urteilsfindung berufenen Personen nicht ändern. Anderenfalls muss die Zuständigkeit bei dem Gericht verbleiben, vor dem die Hauptverhandlung begonnen hat. Diese Folge ist zwingend; insofern beinhaltet auch Abs 2 nur eine Klarstellung (vgl BTDrs 18/12203 S 2, 91). Eine Einschränkung dergestalt, dass alle übrigen, nicht unter Abs 2 fallenden Verfahren im Umkehrschluss nur ›ganz oder gar nicht‹, also nicht nur bis zu einem bestimmten Verfahrensstadium neu zugewiesen werden dürften, ergibt sich hieraus nicht (so aber Zö/Lückemann § 17c GVG Rz 2). Denn Abs 2 dient nur dazu, den mit der Regelung des § 226 I StPO entstehenden Normenkonflikt zu lösen.

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