Gesetzestext

 

1Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen, die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnungen nicht Folge leisten, können aus dem Sitzungszimmer entfernt sowie zur Ordnungshaft abgeführt und während einer zu bestimmenden Zeit, die vierundzwanzig Stunden nicht übersteigen darf, festgehalten werden. 2Über Maßnahmen nach Satz 1 entscheidet gegenüber Personen, die bei der Verhandlung nicht beteiligt sind, der Vorsitzende, in den übrigen Fällen das Gericht.

 

Rn 1

§ 177 knüpft an eine Anordnung gem § 176 an und enthält die Ermächtigung zu deren Durchsetzung im Wege des unmittelbaren Zwangs. Die Sanktionen umfassen die zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal oder Ordnungshaft für höchstens 24 Stunden.

 

Rn 2

Wer ›Beteiligter‹ ist bestimmt sich nach dem konkreten Verfahren, in dem die Maßnahme angeordnet wird. Unter Parteien sind im Zivilprozess auch die gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter der Prozessparteien und die Drittbeteiligten iSv §§ 64 ff ZPO zu verstehen (Kissel/Mayer § 177 Rz 13). Rechtsanwälte in der Rolle des Prozessbevollmächtigten oder des Verteidigers unterliegen nicht der gerichtlichen Sitzungspolizei und Ordnungsstrafgewalt. Nach BGH NJW 77, 437 [BGH 27.09.1976 - RiZ (R) 3/75] lässt es der unzweideutige Wortlaut der §§ 177, 178 nicht zu, die zwangsweise Entfernung eines Anwalts anzuordnen und vollziehen zu lassen; dies jedenfalls außerhalb von ›Situationen, die so außergewöhnlich sind, dass angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe sie nicht in seine Überlegungen einbezogen‹. Selbst in einer solchen Extremsituation verneint das Hamm (NZV 03, 491 [OLG Hamm 06.06.2003 - 2 Ws 122/03]) die Befugnis, eine solche Anordnung zur Aufrechterhaltung der Ordnung zu treffen.

 

Rn 3

Die Maßnahme dient der Vollstreckung einer Anordnung gem § 176 und setzt damit nur eine objektive Zuwiderhandlung voraus. Verschulden ist nicht erforderlich, weil die Maßnahme nur der ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens dient und nicht der Ahndung des zugrunde liegenden Verhaltens (Kissel/Mayer § 177 Rz 1).

 

Rn 4

§ 177 ermächtigt zu einer freiheitsentziehenden Maßnahme, die jedoch nach dem Zweck der Bestimmung auf die Dauer der Sitzung bzw das Ende des Sitzungstages beschränkt ist. Das Abführen, die Anordnung und die Dauer der Ordnungshaft müssen als Mittel zur ordnungsgemäßen Durchführung der Verhandlung angezeigt sein (Kissel/Mayer § 177 Rz 4 und 5).

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