Gesetzestext

 

(1) 1Die Großen Senate und die Vereinigten Großen Senate entscheiden nur über die Rechtsfrage. 2Sie können ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 3Die Entscheidung ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend.

(2) 1Vor der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen oder der Vereinigten Großen Senate und in Rechtsstreitigkeiten, welche die Anfechtung einer Todeserklärung zum Gegenstand haben, ist der Generalbundesanwalt zu hören. 2Der Generalbundesanwalt kann auch in der Sitzung seine Auffassung darlegen.

(3) Erfordert die Entscheidung der Sache eine erneute mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Senat, so sind die Beteiligten unter Mitteilung der ergangenen Entscheidung der Rechtsfrage zu der Verhandlung zu laden.

A. Entscheidung über die Rechtsfrage.

 

Rn 1

Die Großen und die Vereinigten Großen Senate entscheiden nur über die Zulässigkeit der Vorlage (§ 132 Abs 2–4) und über die vorgelegte Rechtsfrage. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Vorlage ist die Entscheidungserheblichkeit auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu beurteilen. Die Entscheidung ergeht durch begründeten Beschl (§ 9 Abs 6 Geschäftsordnung BGH). Die Beschlussformel muss nur im Ergebnis eine Beantwortung der gestellten Rechtsfrage enthalten (BAG NJW 71, 1668). Die Vorlage bewirkt ein Zwischenverfahren, nach dessen Abschluss die Sache in die ausschließliche Entscheidungszuständigkeit des vorlegenden Senates zurückfällt (Kissel/Mayer Rz 1). Zur Bindungswirkung vgl unten Rn 4.

B. Verfahren.

 

Rn 2

Das Verfahren ist unvollständig geregelt (vgl iE § 9 Geschäftsordnung BGH). Entsprechend der Regelung in § 10 RSprEinhG für den gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist die Verfahrensart heranzuziehen, die für den vorlegenden Senat in der vorgelegten Sache maßgeblich ist (Kissel/Mayer Rz 5). Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (Abs 1 S 2). In jedem Fall ist den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, zur vorgelegten Rechtsfrage Stellung zu nehmen. Das folgt aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 I GG). Dem Generalbundesanwalt ist in Zivilsachen nach Abs 2 S 1 nur noch bei Anfechtungen einer Todeserklärung vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, die den Verfahrensbeteiligten bekannt zu machen ist (Kissel/Mayer Rz 11). Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsbehelf zulässig. Sie kann auch nicht mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, weil sie ggü den Verfahrensbeteiligten keine unmittelbare Rechtswirkung entfaltet (BVerfG NJW 71, 1212). Der vorlegende Senat kann den Vorlagebeschluss bis zur Entscheidung des Großen Senats zurücknehmen (BeckOKGVG/Graf Rz 3).

 

Rn 3

Abs. 3 regelt das weitere Verfahren vor dem erkennenden Senat. Auch wenn vor dem vorlegenden Senat eine mündliche Verhandlung nicht mehr erforderlich ist, ist den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu der ergangenen Entscheidung zu geben (Art 103 I GG).

C. Bindungswirkung (Abs 1 S 1).

 

Rn 4

Die Entscheidung bindet unmittelbar nur den vorlegenden Senat in der Sache, die zur Vorlage geführt hat, und insoweit, als die beantwortete Rechtsfrage entscheidungserheblich ist. Mittelbar wirkt sie sich auch auf die Rspr der übrigen Senate aus, denn will ein Senat von der Entscheidung des Großen Senats abweichen, muss er die Rechtsfrage erneut nach § 132 Abs 2 vorlegen. Über die vorgelegte Rechtsfrage hinausgehende Ausführungen entfalten keine Bindungswirkung.

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