Gesetzestext

 

(1) Das zuständige Gericht wird durch das nächsthöhere gemeinsame Gericht bestimmt:

1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2. wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke oder aus sonstigen tatsächlichen Gründen ungewiss ist, welches Gericht für das Verfahren zuständig ist;
3. wenn verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
4. wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben;
5. wenn eine Abgabe aus wichtigem Grund (§ 4) erfolgen soll, die Gerichte sich jedoch nicht einigen können.

(2) Ist das nächsthöhere gemeinsame Gericht der Bundesgerichtshof, wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

A. Zweck der Vorschrift.

 

Rn 1

§ 5 Abs 1 regelt die Bestimmung des zuständigen Gerichts und soll Klarheit über dessen Zuständigkeit schaffen.

B. Geltungsbereich.

 

Rn 2

§ 5 gilt in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in Familiensachen, nicht aber in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 113 Abs 1 S 1), für die die §§ 36, 37 ZPO anwendbar sind. In der Praxis macht dies keinen großen Unterschied (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 7).

C. Verhältnis zu GVG und ZPO.

 

Rn 3

Wegen der ›GVG-Anbindung‹ des FamFG (§ 12 GVG) ist insbesondere § 17a GVG auf alle im FamFG geregelten Angelegenheiten anwendbar (Allgemeine Begr zum RegE-FamFG in BTDrs 16/6308, S 165). § 5 gilt für diese Fragen der Rechtswegzuständigkeit nicht, zu der auch Zuständigkeitsstreite zwischen Gerichten verschiedener Gerichtsbarkeiten und zwischen der für freiwillige Gerichtsbarkeit zuständigen Abteilung eines AG und einer anderen Abteilung desselben Gerichts gehören (Holzer/Holzer § 5 Rz 3).

D. Voraussetzungen für die Bestimmung der Zuständigkeit (Abs 1).

I. Allgemeines.

 

Rn 4

Nach Abs 1 wird das örtlich zuständige Gericht durch das nächsthöhere gemeinsame Gericht bestimmt (BGH MDR 88, 1029). Die Vorschrift dient nicht zur Bestimmung der sachlichen, funktionellen oder internationalen Zuständigkeit.

II. Hinderung an der Ausübung der Gerichtsbarkeit (Nr 1).

 

Rn 5

Abs 1 Nr 1 setzt voraus, dass das örtlich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich gehindert ist. Bei dem zuletzt genannten Fall ist das Gericht wegen Urlaubs, Krankheit oder Naturkatastrophen nicht mehr ordnungsgemäß besetzt. Eine Verhinderung in rechtlicher Hinsicht liegt vor, wenn die zuständigen Entscheidungsträger kraft Gesetzes nach § 6 von der Ausübung ihres Amtes ausgeschlossen sind, sich der Ausübung wegen der Besorgnis der Befangenheit enthalten oder bereits wegen Befangenheit abgelehnt wurden (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 12).

III. Ungewissheit über die örtliche Zuständigkeit (Nr 2).

 

Rn 6

Abs 1 Nr 2, 1. Alt gilt bei Ungewissheit über die Grenzen der Gerichtsbezirke und damit über die örtliche Zuständigkeit der Gerichte. Abs 1 Nr 2, 2. Alt erfasst als Generalklausel ›sonstige tatsächliche Gründe‹, bei denen die rechtliche Beurteilung der Zuständigkeitsfrage unmöglich ist, weil die Umstände unklar oder nicht aufklärbar sind, bspw, weil das von einem Beteiligten bewohnte Haus über die Grenze zweier Gerichtsbezirke verläuft, der Sterbeort eines wohnsitzlosen Erblassers unbekannt ist oder ein Findelkind in einem Zug aufgefunden wird (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 15).

IV. Positiver Kompetenzkonflikt (Nr 3).

 

Rn 7

Abs 1 Nr 3 ist anwendbar, wenn mindestens 2 Gerichte mit einer Angelegenheit befasst wurden, jedes Gericht die Zuständigkeit für sich in Anspruch nimmt, ohne den Vorzug eines anderen Gerichts anzuerkennen, und deshalb die Abgabe des Verfahrens an das örtlich zuständige Gericht unterbleibt (positiver Kompetenzkonflikt, Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 18). Die Entscheidungen über die örtliche Zuständigkeit müssen rechtskräftig sein; das ist idR der Fall bei bindenden Verweisungen nach §§ 3 Abs 1 S 1, 154 S 1, 187 Abs 4 S 2, 343 Abs 2 S 2. Eine Entscheidung in der Hauptsache darf hingegen noch nicht ergangen sein, weil Abs 1 Nr 3 eine Sachentscheidung ermöglichen will (Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller § 5 Rz 8).

V. Negativer Kompetenzkonflikt (Nr 4).

 

Rn 8

Bei dem negativen Kompetenzkonflikt nach Abs 1 Nr 4 haben sich verschiedene Gerichte für unzuständig erklärt oder jedes Gericht hält das jeweils andere für zuständig (sog negativer Kompetenzkonflikt, KG Rpfleger 77, 100, 101). Es müssen bewusst sich ausschließende, aber verbindliche Stellungnahmen über die Zuständigkeit vorliegen, die nicht objektiv willkürlich sind, wobei ein Beschluss nach § 38 nicht erforderlich ist. Vielmehr genügt jede die Zuständigkeit leugnende Entscheidung (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 23).

VI. Streit über die Abgabe (Nr 5).

 

Rn 9

Abs 1 Nr 5 gilt dann, wenn eine Abgabe aus wichtigem Grund nach § 4 erfolgen soll, die mit der Angelegenheit befassten Gerichte sich darüber aber nicht einigen können. Das ist bspw dann der Fall, wenn ein Gericht die Zuständigkeit zunächst bejaht hat, dann aber wegen eines wichtigen Grundes abgeben möchte, das andere Gericht die Angelegenheit aber nicht übernehmen will. Das zur Bestimmung der Zuständigkeit berufene Gericht pr...

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