Gesetzestext

 

(1) Im Wege der einstweiligen Anordnung kann bereits vor der Geburt des Kindes die Verpflichtung zur Zahlung des für die ersten drei Monate dem Kind zu gewährenden Unterhalts sowie des der Mutter nach § 1615l Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Betrags geregelt werden.

(2) Hinsichtlich des Unterhalts für das Kind kann der Antrag auch durch die Mutter gestellt werden. § 1600d Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 kann auch angeordnet werden, dass der Betrag zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Geburt des Kindes zu hinterlegen ist.

A. Allgemeines.

I. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt die Geltendmachung von Unterhalt für das Kind und die Mutter vor Geburt des Kindes und verfolgt den Zweck, in der besonderen Situation kurz vor und nach der Geburt im Interesse der Mutter und des Kindes die Zahlung des Unterhalts in einem beschleunigten und möglichst einfach zu betreibenden Verfahren zunächst einmal sicherzustellen; dies war bereits das Grundanliegen des § 1615o BGB aF; die in § 1615o I BGB aF geregelte einstweilige Verfügung wurde verfahrensrechtlich in eine einstweilige Anordnung überführt (BTDrs 16/6308, 260). Die Vorschrift durchbricht die Rechtsausübungssperre des § 1600d IV BGB und ermöglicht die Titulierung eines Anspruchs auf Unterhalt für das Kind und dessen nicht verheirateter Mutter nach § 1615l I BGB für einen begrenzten Zeitraum. Die Vorschrift des § 247 wird ergänzt durch § 248 für eine einstweilige Anordnung für die Zeit der Anhängigkeit eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens sowie durch § 246 für die Zeit nach der Feststellung der Vaterschaft (Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg § 247 Rz 1).

II. Regelungsbedürfnis.

 

Rn 2

Auch das einstweilige Anordnungsverfahren nach § 247 erfordert abweichend von § 49 nicht ein dringendes Regelungsbedürfnis; dies ergibt sich aus der besonderen Situation, die dem § 247 zugrunde liegt (Zö/Lorenz § 247 Rz 2; ThoPu/Seiler § 247 Rz 2; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 462). Nach Ablauf der ersten 3 Monate nach der Geburt kommt eine auf § 247 gestützte einstweilige Anordnung nicht mehr in Betracht (Prütting/Helms/Bömelburg § 247 Rz 3; Zö/Lorenz § 247 Rz 2; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter § 247 Rz 5; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 462). Die zeitlichen Grenzen sind auch hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs nach § 1615l I 1 zu beachten; werden Ansprüche nach § 1615l I 2 BGB geltend gemacht, gibt es keine zeitliche Beschränkung (Zö/Lorenz § 247 Rz 2).

B. Regelungsgegenstand.

 

Rn 3

Die Regelung legt ausdr fest, dass der Kindesunterhalt für die ersten 3 Lebensmonate sowie der Unterhaltsanspruch der Mutter nach § 1615l I BGB, der bereits in seinem Tatbestand eine zeitliche Begrenzung (6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt des Kindes) enthält, auch vor der Geburt des Kindes geltend gemacht und zugesprochen werden können. Von dem in Anspruch genommenen Mann kann demzufolge nicht eingewandt werden, dass das Kind noch nicht geboren ist (BTDrs 16/6308, 260).

 

Rn 4

Bei dem Unterhaltsanspruch des Kindes handelt es sich um den Barunterhaltsanspruch gem §§ 1601 ff BGB gegen seinen (zumindest) vermuteten Vater; dieser wird hier regelmäßig auf den Mindestunterhalt der ersten Altersstufe nach § 1612a I 3 Nr 1 BGB gerichtet sein; in diesem Fall bedarf es keiner Glaubhaftmachung zur Höhe des Unterhaltsbedarfs (Prütting/Helms/Bömelburg § 247 Rz 4; Zö/Lorenz § 247 Rz 5; ThoPu/Seiler § 247 Rz 3). Eine Beschränkung auf den Mindestunterhalt gibt es nicht; es kann der dem Kind zustehende volle Unterhalt beansprucht werden (Prütting/Helms/Bömelburg § 247 Rz 4; Zö/Lorenz § 246 Rz 5; MüKoFamFG/Pasche § 247 Rz 6; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 461; J/H/A/Maier § 247 Rz 6; aA Keidel/Giers § 247 Rz 6: § 237 III analog; einschr auch Bork/Jacoby/Schwab/Hütter § 247 Rz 7). Erfasst ist auch ein evtl entstehender Sonder- oder Mehrbedarf des Kindes gem § 1613 II BGB (Prütting/Helms/Bömelburg § 247 Rz 4; Zö/Lorenz § 247 Rz 5; ThoPu/Seiler § 247 Rz 3).

 

Rn 5

Der Unterhaltsanspruch der Mutter aus § 1615l I BGB bestimmt sich nach ihrer Lebensstellung und richtet sich grds nach den Einkünften, die sie ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes zur Verfügung hätte, §§ 1615l III 1, 1610 I BGB; allerdings begrenzt durch den Halbteilungsgrundsatz (BGH FamRZ 05, 442). Sie kann zumindest Unterhalt in Höhe ihres Existenzminimums beanspruchen, der unterhaltsrechtlich mit dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen in Höhe von 960,00 EUR pauschaliert werden kann (Prütting/Helms/Bömelburg § 247 Rz 5 mwN; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 461). Ausdr erfasst sind auch die Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung (Schwangerschaftskleidung, Arztkosten, Kosten für eine Hebamme, Krankenhauskosten, Aufwendungen für Medikamente) außerhalb des in § 1615l Abs 1 1 BGB genannten Zeitraums anfallen, § 1615l I 2 BGB.

C. Verfahren.

I. Allgemeine Verfahrensfragen.

1. Antrag/Antragsberechtigung.

 

Rn 6

Die einstweilige Anordnung nach § 247 ergeht nur auf zu begründenden Antrag (Formulierungsvorschlag bei Prütting/Helms/Bömelburg § 247 Rz 24), in dem gem § 51 I 2 die Antragsvoraussetzungen glaubhaft zu machen sind...

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