Gesetzestext

 

(1) Das Gericht kann anordnen, dass der Antragsteller und der Antragsgegner Auskunft über ihre Einkünfte, ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen sowie bestimmte Belege vorlegen, soweit dies für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung ist. Das Gericht kann anordnen, dass der Antragsteller und der Antragsgegner schriftlich versichern, dass die Auskunft wahrheitsgemäß und vollständig ist; die Versicherung kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Mit der Anordnung nach Satz 1 oder Satz 2 soll das Gericht eine angemessene Frist setzen. Zugleich hat es auf die Verpflichtung nach Absatz 3 und auf die nach den §§ 236 und 243 Satz 2 Nr. 3 möglichen Folgen hinzuweisen.

(2) Das Gericht hat nach Absatz 1 vorzugehen, wenn ein Beteiligter dies beantragt und der andere Beteiligte vor Beginn des Verfahrens einer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bestehenden Auskunftspflicht entgegen einer Aufforderung innerhalb angemessener Frist nicht nachgekommen ist.

(3) Antragsteller und Antragsgegner sind verpflichtet, dem Gericht ohne Aufforderung mitzuteilen, wenn sich während des Verfahrens Umstände, die Gegenstand der Anordnung nach Absatz 1 waren, wesentlich verändert haben.

(4) Die Anordnungen des Gerichts nach dieser Vorschrift sind nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt eine Auskunftsverpflichtung der Beteiligten gegenüber dem Gericht, die in § 236 durch eine Auskunftspflicht Dritter ergänzt wird. In Unterhaltsverfahren besteht keine Amtsermittlung, sondern es gilt der Beibringungsgrundsatz; der Gesetzgeber wollte hieran auch nicht rütteln (§ 113 I 1 schließt die Anwendung des § 26 ausdr aus), gleichwohl steht die Vorschrift (wie § 643 ZPO aF) in einem Spannungsverhältnis zwischen Amtsermittlungs- und Beibringungsgrundsatz (Born FF 16, 180). Der Gesetzgeber erhoffte sich eine Verbesserung der bestehenden Möglichkeiten des Gerichts zur Prozessförderung und Sachverhaltsaufklärung. Mit der Neuregelung der Auskunftspflichten sollte zudem erreicht werden, dass in Unterhaltssachen die zeitintensiven Stufenanträge in möglichst weitgehendem Umfang entbehrlich werden (BTDrs 16/6308, 162, 255).

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

§ 235 gilt in jedem Verfahren, das eine gesetzliche Unterhaltspflicht iSv § 231 I betrifft, also auch hinsichtlich abgeleiteter Ansprüche, wie zB in Verfahren auf Rückzahlung zu viel gezahlten Unterhalts, Abänderungsanträgen oder Anträgen aus übergeleitetem Recht nach §§ 33 SGB II, 94 SGB XII, 7 UVG, 37 BAföG; Gleiches gilt zB für ein Verfahren wegen Abänderung eines Unterhaltstitels (zB Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 57).

 

Rn 3

Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249–260) dürfen keine Auskünfte eingeholt werden; dies ließe sich mit dem Verfahrensziel einer schnellen Titelschaffung nicht vereinbaren (zB Prütting/Helms/Bömelburg § 235 Rz 7; Zö/Lorenz § 235 Rz 1). Gleiches soll auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung gelten, zumal dort gem § 51 I 1 die Voraussetzungen des Antrags lediglich glaubhaft gemacht werden müssen (Keidel/Weber § 235 Rz 3; Zö/Lorenz § 235 Rz 1; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal § 235 Rz 2; Bahrenfuss/Schwedhelm § 235 Rz 2). Dagegen spricht, dass es sich bei dem einstweiligen Anordnungsverfahren nunmehr um ein selbstständiges Verfahren handelt und die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens nicht zwingend vorgesehen ist. Hinzu tritt, dass die im einstweiligen Anordnungsverfahren ergehende Entscheidung gem § 57 S 1 unanfechtbar ist. Dies erfordert einen Titel, der nach Möglichkeit auch sachlich richtig ist, was sich auch in § 246 II ausdrückt, wonach in Unterhaltssachen eine mündliche Verhandlung (auch) zur Aufklärung des Sachverhalts stattfinden soll (vgl Prütting/Helms/Bömelburg § 235 Rz 6; MüKoFamFG/Pasche § 235 Rz 7; Fest NJW 2012, 428, 430; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 57).

 

Rn 4

Die Vorschrift gilt nicht für die Unterhaltssachen iSv § 231 II; diese sind keine Familienstreitsachen und die Anwendung der §§ 235, 236 in § 231 II 2 ausdr ausgeschlossen.

 

Rn 5

Die Befugnis des Gerichts nach § 235 lässt ein Rechtsschutzbedürfnis des Unterhaltsberechtigten insb zur Erhebung eines Stufenantrags nach § 254 ZPO nicht entfallen; vielmehr besteht ein Wahlrecht (zB Prütting/Helms/Bömelburg § 235 Rz 3; Zö/Lorenz § 235 Rz 15). Nach ganz überwiegender Ansicht setzt § 235 voraus, dass im Verfahren bereits ein bezifferter Leistungsantrag rechtshängig ist, eine Anordnung nach § 235 also nicht iR eines Stufenverfahrens vor Bezifferung der Leistungsstufe ergehen kann (Prütting/Helms/Bömelburg § 235 Rz 5a; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal § 235 Rz 17; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 235 Rz 3; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 58; Viefhues FuR 13, 20; Götz NJW 10, 897; aA wohl MüKoFamFG/Pasche § 235 Rz 33; Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede/Rasch § 235 Rz 11.203).

C. Gerichtliche Anordnung der Auskunftserteilung und Vorlage von Belegen (Abs 1).

 

Rn 6

Nach Abs 1 S 1 kann das Gericht anordnen, dass der ASt und der Antragsgegner Auskunft über ihre Einkünfte, ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlich...

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