Gesetzestext

 

Stirbt ein Ehegatte, bevor die Endentscheidung in der Ehesache rechtskräftig ist, gilt das Verfahren als in der Hauptsache erledigt

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Gem § 1353 I 1 BGB wird die Ehe auf Lebenszeit geschlossen und demzufolge durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst. Danach kommen weder eine Scheidung (§ 1564 BGB) noch eine Aufhebung der (aufgelösten) Ehe (§ 1317 III BGB) in Betracht. Auch einem Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe wird die Grundlage entzogen (Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 1). Die Vorschrift regelt die Folgen der Auflösung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten in der Zeit ab Rechtshängigkeit und vor Rechtskraft der Endentscheidung in der Ehesache. § 131 ist in allen Ehesachen iSv § 121 anzuwenden und vAw zu beachten (z.B. Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 6). Die Vorschrift gilt auch in Aufhebungsverfahren, in denen der Antrag von der Verwaltungsbehörde oder einem Dritten gestellt wurde (MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 4 mwN). Sie gilt in allen Instanzen (zB Keidel/Weber § 131 Rz 3; J/H/A/Markwardt § 131 Rz 1).

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

 

Rn 2

Die Regelung des § 131 ist nur dann einschlägig, wenn ein Ehegatte vor Rechtskraft der Ehesache verstirbt. Es ist zu unterscheiden:

I. Tod vor Rechtshängigkeit.

 

Rn 3

Verstirbt der Antragsteller vor Zustellung des Antrags in der Ehesache, unterbleibt die Zustellung, sofern der Tod rechtzeitig bekannt wird; wird der Antrag gleichwohl zugestellt, ist der Antrag als unzulässig abzuweisen, sofern er nicht durch die Erben des ASt zurückgenommen wird (MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 6; Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 3; ThoPu/Hüßtege § 131 Rz 3; aA (Erledigung des Verfahrens) J/H/A/Markwardt § 131 Rz 2; Keidel/Weber § 131 Rz 5; Zö/Lorenz § 131 Rz 3). Die entstandenen Kosten haben seine Erben zu tragen.

 

Rn 4

Tritt der Tod des Antragsgegners vor Rechtshängigkeit ein, ist der Antrag als unzulässig abzuweisen, weil es an einem gegnerischen Beteiligten fehlt, sofern er nicht zurückgenommen wird (vgl MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 6; Keidel/Weber § 131 Rz 5; Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 3; J/H/A/Markwardt § 131 Rz 2; Bambg FamRZ 13, 479 zu den Folgen der Verschollenheit eines Antragsgegners). Über die Kosten ist nicht zu entscheiden, denn ein Gegner, der Kostenerstattung verlangen könnte, existiert nicht (Zö/Lorenz § 131 Rz 2; Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 3; Keidel/Weber § 131 Rz 5; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 131 Rz 2; Brandbg FamRZ 96, 683).

II. Tod eines Ehegatten nach Rechtshängigkeit, aber vor Eintritt der Rechtskraft.

1. Allgemeine Folgen.

 

Rn 5

Stirbt ein Ehegatte nach Rechtshängigkeit, aber vor Eintritt der Rechtskraft in der Ehesache, ist das Verfahren in der Hauptsache erledigt. Die Erledigung des Verfahrens tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es eines Ausspruchs hierüber bedarf, und zwar auch noch dann, wenn eine Entscheidung zwar erlassen, aber noch nicht formell rechtskräftig ist (MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 14: ThoPu/Hüßtege § 131 Rz 5; J/H/A/Markwardt § 131 Rz 3).

 

Rn 6

Ein die Erledigung feststellender Beschluss des Gerichts hat dementsprechend ausschließlich deklaratorische Wirkung (BGH FamRZ 11, 31; Saarbr FamRZ 10, 480; MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 14 mwN; ThoPu/Hüßtege § 131 Rz 4 mwN). Sein Erlass erfordert ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis (MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 7), das nach Erlass einer Entscheidung bestehen kann, wenn der Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs zweifelhaft ist. Der Feststellung, ob ein Ehegatte geschieden oder verwitwet ist, kann erhebliche Bedeutung zukommen, etwa für die Versorgung des überlebenden Ehegatten (vgl. BGH FamRZ 11, 31; mwN; Ddorf FamRZ 05, 386; Zweibr FamRZ 95, 619; Hamm FamRZ 95, 101; Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 6; Keidel/Weber § 131 Rz 8; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 131 Rz 3).

 

Rn 7

Die kraft Gesetzes eintretende Erledigung des Verfahrens in der Ehesache hat zur Folge, dass die Rechtshängigkeit der Ehesache in der Hauptsache rückwirkend entfällt. Deshalb kommt weder eine nachfolgende Rücknahme des Antrags in Betracht noch eine Zurückweisung des Antrags als unzulässig (Frankf FamRZ 15, 1747 m zust Anm Adamus jurisPR-FamR 10/2015 Anm 4; MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 8; ThoPu/Hüßtege § 131 Rz 4; aA J/H/A/Markwardt § 131 Rz 3; Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 7; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 131 Rz 4; FAKomm-FamR/Roßmann § 131 Rz 9). Denn es fehlt an der für eine Antragsrücknahme erforderlichen Rechtshängigkeit der Hauptsache (BGH NJW 67, 564; Bambg FamRZ 97, 1225; vgl auch § 269 ZPO Rn 4). Eine Sachentscheidung ist ebenso wenig möglich.

2. Schicksal der Folgesachen – Fortsetzung als selbstständiges Verfahren.

 

Rn 8

Verstirbt ein Ehegatte in einer Scheidungssache, so werden von der Erledigung des Scheidungsverfahrens auch im Verbund anhängige Folgesachen erfasst. Dies folgt schon daraus, dass gem § 137 II 1 eine Entscheidung nur für den Fall einer Scheidung getroffen werden kann (J/H/A/Markwardt § 131 Rz 5; Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 9; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 131 Rz 6; MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 10; Kobl FamRZ 17, 240). Das gilt auch für den Fall, dass eine Entscheidung erlassen, aber noch nicht rechtskräftig ist (MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 16; ThoPu/Hüßtege § 131 Rz 5; J/H/A/Markwardt § 131 Rz 3).

 

Rn 9

Der überlebende Ehegatte oder d...

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