Gesetzestext

 

Ehesachen sind Verfahren

1. auf Scheidung der Ehe (Scheidungssachen),
2. auf Aufhebung der Ehe und
3. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Beteiligten.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der Vorschrift des § 121 FamFG ist zu entnehmen, welche Verfahren ›Ehesachen‹ sind.

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

I. Ehesachen.

1. Überblick.

 

Rn 2

Hierunter fallen Verfahren auf Scheidung der Ehe (Nr 1), auf Aufhebung der Ehe (Nr 2) und auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe (Nr 3). Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts v 20.7.17 (BGBl I, 2787) ist auch eine gleichgeschlechtliche Ehe erfasst. Ehesachen sind auch Verfahren, mit denen Ehegatten eine im ausländischen Recht vorgesehene Gestaltung ihrer Ehe durchsetzen wollen, wie bspw die gerichtliche Feststellung der Trennung nach italienischem Recht (Art 150–158 Codice Civile; vgl BTDrs 16/6308, 226).

 

Rn 3

Die Vorschriften der §§ 121 ff sind grds auch anwendbar, soweit es um die Auflösung einer nach ausländischem Recht geschlossenen Ehe geht. Soweit die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts gegeben ist, sind nach dem Grundsatz der lex fori die Verfahrensvorschriften der §§ 121 ff anzuwenden (vgl zB Erman/Preisner, vor § 1564 Rz 10; vgl aber auch Prütting/Helms/Helms § 121 Rz 3 mwN zu möglichen Ausnahmen).

2. Verfahren auf Scheidung der Ehe, Nr 1.

 

Rn 4

Die in der Praxis bedeutsamen Verfahren auf Scheidung der Ehe haben (soweit deutsches Recht zur Anwendung kommt) ihre materiell-rechtliche Grundlage in den §§ 15641568 BGB. Ansonsten ist das jeweilige Heimatrecht der Eheleute heranzuziehen. Die Ehe wird auf Antrag (§§ 124, 133 FamFG) eines oder beider Ehegatten durch richterliche Entscheidung (Beschl) geschieden, mit dessen Rechtskraft die Ehe aufgelöst ist, § 1564 S 1, 2 BGB, vgl auch § 116 II. Beteiligte des Verfahrens auf Scheidung der Ehe sind die Eheleute, wenngleich in den Folgesachen weitere Verfahrensbeteiligte hinzutreten können, zB Versorgungsträger in VA-Sachen, das JugA oder ein Verfahrensbeistand in Kindschaftsfolgesachen (vgl die Kommentierung zu § 137).

3. Verfahren auf Aufhebung der Ehe, Nr 2.

 

Rn 5

Das Verfahren auf Aufhebung der Ehe hat seine materiell-rechtliche Grundlage in den §§ 13131320 BGB und ist bedeutsam, wenn ein Ehegatte versuchen möchte, die Ehe ohne den ›Makel‹ der Scheidung zu beenden. Während die Ehe geschieden wird, weil sie nach Eheschließung gescheitert ist, § 1565 Abs 1 BGB, wird die Ehe aus Gründen aufgehoben, die bereits bei der Eheschließung vorgelegen haben (›fehlerhafte Ehe‹; vgl zB PWW/Friederici 13. Aufl vor § 1313 Rz 3). Die einzelnen Aufhebungsgründe finden sich in § 1314 BGB. Die Aufhebung der Ehe erfolgt auf Antrag durch Beschluss, § 1313 BGB. Zu beachten ist die Antragsfrist in § 1317 BGB. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung (§ 1313 S 2 BGB, § 116 Abs 2 FamFG) mit Wirkung ex nunc aufgelöst. Beteiligte des Aufhebungsverfahrens sind nicht nur die Ehegatten selber; vielmehr kann auch die zuständige Verwaltungsbehörde oder – im Falle der Bigamie – ein Dritter antragsberechtigt sein, § 129 I (vgl die Kommentierung dort). Der Antrag ist in diesen Fällen gg beide Eheleute zu richten. Da die Vorschriften der §§ 133–150 nicht anzuwenden sind, ist insb nicht eine Entscheidung im Verbundverfahrenzu treffen. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 132.

4. Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Beteiligten, Nr 3.

 

Rn 6

Bei dem Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe handelt es sich um einen Anwendungsfall der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Anders als in den o.g. Fällen, die eine Ehe voraussetzen, ist hier gerade die Wirksamkeit der Eheschließung oder auch ihrer Auflösung Gegenstand des Verfahrens. Die Vorschrift hat eine untergeordnete praktische Bedeutung (zB AG Siegburg 6.7.17 – 313 F 31/17, juris zur Frage der Heilung einer ›Nichtehe‹ durch Beantragung eines Familienbuches beim Standesamt) und betrifft insb im Ausland geschlossene oder aufgelöste Ehen. Die Bedeutung könnte allerdings in Zusammenhang mit dem aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen (v 17.7.17, BGBl I, 2429) eingefügten Art 13 Abs 3 EGBGB zunehmen (zB AG Kassel FamRZ 18, 1149). Erforderlich ist ein besonderes Feststellungsinteresse (zB Prütting/Helms/Helms § 121 Rz 10 mwN; München StAZ 13, 143), das gegeben ist, wenn Zweifel an der wirksamen Eingehung oder wirksamen Auflösung einer Ehe bestehen. Der ergehende Beschluss wirkt nur inter partes (Prütting/Helms/Helms § 121 Rz 10; München StAZ 13, 143). Beteiligte des Verfahrens sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die (Schein-)Ehegatten. Die zuständige Verwaltungsbehörde ist gem § 129 II 3 iVm II 1, 2 über den Antrag zu unterrichten. Daraufhin kann sie dann auch das Verfahren betreiben, also Anträge stellen oder Rechtsmittel einlegen (vgl die Kommentierung zu § 129).

II. Keine Ehesachen iSv § 121.

 

Rn 7

Anders als noch in der entsprechenden Vorschrift des § 606 I 1 ZPO enthält § 121 nicht mehr Verfahren auf Herstellung des ehelichen Lebens. Hintergrund hierfür war neben der nur geringen zahlenmäßigen und praktischen Bedeutung, dass ein solches Herstellungsverfahren al...

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