Gesetzestext

 

(1) Eine in einem Mitgliedstaat ergangene vollstreckbare Entscheidung über das Umgangsrecht im Sinne des Artikels 40 Abs. 1 Buchstabe a), für die eine Bescheinigung nach Abs. 2 im Ursprungsmitgliedstaat ausgestellt wurde, wird in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt und kann dort vollstreckt werden, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann.

Auch wenn das nationale Recht nicht vorsieht, dass eine Entscheidung über das Umgangsrecht ungeachtet der Einlegung eines Rechtsbehelfs von Rechts wegen vollstreckbar ist, kann das Gericht des Ursprungsmitgliedstaats die Entscheidung für vollstreckbar erklären.

(2) Der Richter des Ursprungsmitgliedstaats stellt die Bescheinigung nach Abs. 1 unter Verwendung des Formblatts in Anhang III (Bescheinigung über das Umgangsrecht) nur aus, wenn

a) im Fall eines Versäumnisverfahrens das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück der Partei, die sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt wurde, dass sie sich verteidigen konnte, oder wenn in Fällen, in denen bei der Zustellung des betreffenden Schriftstücks diese Bedingungen nicht eingehalten wurden, dennoch festgestellt wird, dass sie mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist;
b)

alle betroffenen Parteien Gelegenheit hatten, gehört zu werden,

und

c) das Kind die Möglichkeit hatte, gehört zu werden, sofern eine Anhörung nicht aufgrund seines Alters oder seines Reifegrads unangebracht erschien.

Das Formblatt wird in der Sprache ausgefüllt, in der die Entscheidung abgefasst ist.

(3) Betrifft das Umgangsrecht einen Fall, der bei der Verkündung der Entscheidung einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist, so wird die Bescheinigung von Amts wegen ausgestellt, sobald die Entscheidung vollstreckbar oder vorläufig vollstreckbar wird. Wird der Fall erst später zu einem Fall mit grenzüberschreitendem Bezug, so wird die Bescheinigung auf Antrag einer der Parteien ausgestellt.

 

Rn 1

Art 41 I ordnet die unmittelbare Vollstreckbarkeit der Umgangsentscheidung eines Mitgliedstaats in den anderen Mitgliedstaaten an, sofern bzgl der Entscheidung die Bescheinigung nach Anhang III ausgestellt wurde. Art 41 II verbietet dem funktionell zuständigen Richter (s.a. § 48 II IntFamRVG: Familienrichter bzw – OLG und BGH – Vorsitzender des Familiensenats; also nicht vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle!) des Ursprungsstaats die Ausstellung der Bescheinigung, wenn eines der dort genannten Anerkennungshindernisse vorliegt (s dazu Art 21–27 Rn 6f). Das Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats hat grds selbst dann keine eigene Prüfungskompetenz, ob das Gericht des Ursprungsmitgliedstaats die Bescheinigung richtig ausgestellt hat, wenn das Gegenteil aktenersichtlich ist; die Parteien können sich hiergegen allein im Ursprungsmitgliedstaat zur Wehr setzen (so zu Art 42 EuGH FamRZ 11, 355 [Zarraga]). Bei Ausstellung einer Bescheinigung, die überhaupt keinen vollstreckbaren Inhalt hat (bspw pauschaler Umgang nach näherer Weisung dritter Personen) und auch nicht über eine entsprechende Anwendung von Art 48 konkretisiert werden kann, kann ein Antrag auf Vollstreckung (§ 44 I IntFamRVG) zurückgewiesen werden. Denn eine Androhung von Ordnungsmitteln nach § 89 II FamFG wäre mangels konkret zu vollstreckender Verpflichtung gerade nicht geboten (vgl auch Art 43 Rn 3).

Sofern der Fall erst nach der Entscheidung einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen sollte, wird die Bescheinigung nach Art 41 III 2 nur auf Antrag ausgestellt.

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