Verfahrensgang

SG Altenburg (Gerichtsbescheid vom 28.11.2002; Aktenzeichen S 4 KR 1702/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom28. November 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erstattung von anlässlich ihres Aufenthaltes vom 4. bis 8. Juni 2001 im Entbindungsheim G. (nachfolgend: Entbindungsheim) angefallenen Kosten von insgesamt 1.240,00 DM (= 633,20 EUR).

Das Entbindungsheim G. ist eine von Hebammen D. und B. geleitete Einrichtung, bei der neben ambulanten Geburten ab 18. Juli 1998 auch stationäre Entbindungen mit einem Aufenthalt von bis zum sechsten Tag post partum in der Wochenstation durchgeführt werden. Das Thüringer Landesverwaltungsamt erteilte der Hebamme D. mit Bescheid vom 6. August 1998 gemäß § 30 Gewerbeordnung (GewO) die Erlaubnis, die Privatkrankenanstalt „Bettenstation im Geburtshaus G.” unter bestimmten Bedingungen und Auflagen zu betreiben. Ein Versorgungsvertrag zwischen dem Entbindungsheim und der Beklagten besteht nicht.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2001 (Eingang bei der Beklagten am 15. Juni 2001) beantragte die Klägerin die Kostenerstattung für fünf Tagessätze der Wochenstation zu jeweils 248,00 DM (insgesamt 1.240,00 DM = 634,00 EUR) anlässlich der Geburt ihres Kindes am 4. Juni 2001.

Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 13. Juli 2001 ab. In Anlehnung an die Empfehlungen der Krankenkassenverbände Ost könne sie im Rahmen einer Einzelfallentscheidung lediglich einen Zuschuss von 450,00 DM (= 230,08 EUR) gewähren. Im Oktober 2001 wurde dieser Betrag der Klägerin überwiesen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2001 zurück.

Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht Altenburg die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 28. November 2002 unter Aufhebung ihrer Bescheide verurteilt, „der Klägerin die Kosten für Unterbringung, Pflege und Verpflegung im Geburtshaus G. nach § 197 RVO in Höhe von 634,00 EUR (1.240,00 DM) zu erstatten”. Das Geburtshaus sei eine nach § 30 GewO konzessionierte andere Einrichtung im Sinne des § 197 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Es handle sich um einen völlig eigenständigen Anspruch, auf den die Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) namentlich des Zulassungserfordernisses keinesfalls angewendet werden könnten. Dies ergebe die Auslegung der Norm nach dem Wortlaut, ihrer geschichtlichen Entwicklung und ihrer systematischen Einordnung. Die Versicherte könne somit unabhängig von einer Bedarfsprüfung wählen, ob sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen eines Krankenhauses oder des Entbindungsheims in Anspruch nehme. Ein vorheriger Antrag auf Kostenübernahme durch die Beklagte sei nicht erforderlich, weil dies in der RVO nicht geregelt sei und bei einer stationären Behandlung auch nicht vom SGB V verlangt werde. Zudem seien sowohl Beginn als auch Verlauf einer Entbindung nicht vorhersehbar.

Die Ansprüche von Versicherten bei Schwangerschaft und Mutterschaft habe der Gesetzgeber bewusst außerhalb des SGB V – in den §§ 195 ff. RVO – geregelt. Die Verweisung des § 195 Abs. 2 Satz 1 RVO auf das SGB V gelte nur für Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft, nicht für Zulassungsregelungen.

Ihre Berufung begründet die Beklagte im Wesentlichen mit den Urteilen des erkennenden Senats vom 27. September 2000 und des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Oktober 2001 (Az.: B 1 KR 15/00 R in SozR 3-2200 § 199 Nr. 3).

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Altenburg vom 28. November 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie habe am 4. Juni 2001 mit dem Entbindungsheim G. eine mündliche und am 24. März 2003 eine schriftliche Vereinbarung über die Kostenübernahme der Wochenstation getroffen. Wenige Tage vor der Geburt ihres Kindes habe sie sich telefonisch bei der Beklagten erkundigen wollen, inwieweit diese die Unterbringungskosten übernehme. Sie habe keine konkrete Auskunft erhalten und ein zugesagter Rückruf eines kompetenteren Mitarbeiters sei nicht erfolgt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Die Entscheidung des Sozialgerichts leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel, denn es hätte nicht durch Gerichtsbescheid des Kammervorsitzenden entscheiden dürfen. Voraussetzung für den Gerichtsbescheid ist nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Weicht ein Kammervorsitzender...

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