Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Homeoffice-Tätigkeit. außerhäuslicher Weg. sachlicher Zusammenhang. objektivierte Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Einkauf für das Mittagessen. keine Erweiterung des Wegeunfallversicherungsschutzes durch § 8 Abs 1 S 3 SGB 7 -Fahrradsturz auf dem Weg zum Supermarkt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Keine Erweiterung des Wegeunfallversicherungsschutzes durch § 8 Abs 1 S 3 Sozialgesetzbuch (SGB VII).

2. Die durch § 8 Abs 1 S 3 SGB VII gewollte Gleichstellung zwischen auf der Unternehmerstätte tätigen Versicherten und im Homeoffice tätigen Versicherten bezieht sich nur auf die Wege im eigenen Haushalt.

3. Außerhäusliche Wege zur Versorgung mit Essen und/oder Getränken stehen bei im Homeoffice tätigen Versicherten nicht unter Versicherungsschutz.

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 26.09.2022 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2022 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Unfalls des Klägers als Arbeitsunfall.

Der am … 196… geborene Kläger ist als Ingenieur des B, B-Stadt, bei der Beklagten versichert.

Am 18.07.2022 stürzte der Kläger mit dem Fahrrad auf dem Weg von seiner Wohnung, wo er im Rahmen eines Homeoffice tätig war, zu einem Supermarkt, in dem er sich Nahrungsmittel für ein Mittagessen besorgen wollte.

Der Kläger wurde daraufhin am Unfalltag im Klinikum C untersucht, wo eine Clavikulaschaftfraktur rechts mit drohender Durchspießung der Cutis, eine Schädelprellung mit Kopfplatzwunde und Hautabschürfungen am rechten Unterschenkel und der Zehen diagnostiziert wurden.

Der Kläger wurde sodann stationär dort vom 18.07.2022 bis 20.07.2022 behandelt, wobei zudem die Diagnose Rippenserienfraktur der Rippen 4 - 6 rechts gestellt wurde und am 18.07.2022 eine operative Versorgung der rechten Schulter mittels offener Reposition und Plattenosteosynthese erfolgte.

Nach Erhalt des Durchgangsarztberichtes der Klinik über die Erstuntersuchung vom 18.07.2022, der Unfallanzeige des Arbeitgebers des Klägers sowie des Entlassungsberichtes des Klinikums C über den stationären Aufenthalt des Klägers stellte die Beklagte mit verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 26.09.2022 fest, dass der Kläger keinen Versicherungsfall am 18.07.2022 erlitten habe, ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht vorliege und lehnte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab.

In der Begründung des Bescheides wurde hierbei ausgeführt, dass im Homeoffice Wege zur und von der Nahrungsaufnahme, die aus der Wohnung herausführen, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stünden. Diese seien dem privaten Bereich zuzurechnen. Eine Ausweitung des Versicherungsschutzes im Sinne des Satz 3 des § 8 Abs. 1 SGB VII beziehe sich nur auf versicherte Tätigkeiten nach Satz 1, nicht auf die Wegeunfallversicherung nach Absatz 2. Der Kläger habe damit keinen mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg zurückgelegt.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch begründete der Kläger mit Schreiben vom 13.10.2022 damit, dass am Arbeitsplatz im Unternehmen wie auch im Homeoffice nicht vorausgesetzt werden könne, dass Möglichkeiten zur Nahrungsaufnahme für die Pause vorhanden seien. Da im Unternehmen der Weg zur Besorgung von Nahrung versichert sei, erscheine ihm der Weg aus dem Homeoffice zum gleichen Zweck keinen Unterschied zu machen.

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 06.11.2022 seinen Widerspruch aufrecht erhielt und hierbei unter anderem ausführte, dass die Ausführungen der Beklagten, dass Tätigkeiten nach § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nicht auf die in § 8 Abs. 2 SGB VII genannten Wegeunfälle zu beziehen seien, nicht folgerichtig sei, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2022 zurück.

In der Begründung des Widerspruchsbescheides wurde hierbei unter anderem ausgeführt, dass das Zurücklegen eines Weges zur Besorgung von Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verzehr, um die Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten und die betriebliche Tätigkeit fortsetzen zu können, gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (grundsätzlich) unter Versicherungsschutz stehe. Grund hierfür sei, dass der Weg in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt sei, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Diese Gründe treffen bei im Homeoffice tätigen Personen nicht zu. Hinzu komme, dass sich die Gleichstellung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur auf die versicherten Tätigkeiten nach Satz 1 und nicht auf die Wegeunfallversicherung nach Absatz 2 bezögen. Wege zur Besorgung von Nahrungsmitteln außerhalb des häuslichen Bereiches stünden daher bei im Homeoffice tätigen Personen nicht unter Versicherungsschutz. Sie seien dem privaten Bereich zuzurechnen.

Mit der am 05.01.2023 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage begehrt der Kläger weiterhin ...

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