Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Heilmittelbehandlung. Langzeitverordnung

 

Orientierungssatz

Versicherte haben Anspruch auf Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung, wenn sie unter außergewöhnlich schwerwiegenden Erkrankungen mit massiven Auswirkungen leiden, die oft große bzw mehrere Bereiche des Körpers betreffen. Bei einem zervikalen Bandscheibenschaden ohne Myelopathie und Radikulopathie liegt keine Gleichwertigkeit der Beeinträchtigungen mit den schwerwiegenden Diagnosen für eine Langzeitverordnung vor.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Genehmigung einer Heilmittellangfristverordnung.

Die im Jahr 1965 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 11.11.2016 gingen bei der Beklagten eine Langfristverordnung über zweimal wöchentlich manuelle Therapie und eine Langfristverordnung über zweimal wöchentlich Krankengymnastik mit Wärme des Internisten Dr. B. vom 24.10.2016 bei Halswirbelsäulen- (HWS) Syndrom, Funktionsstörungen, Schmerzen durch Fehl- oder Überbelastung discoligamentärer   Strukturen zur Funktionsverbesserung, Verringerung und Beseitigung der Fehl- oder Überbelastung ein. Die Beklagte sandte der Klägerin nach einem Telefonat mit Schreiben vom 15.11.2016 das Antragsformular auf Genehmigung von Heilmitteln bei langfristigem Behandlungsbedarf und das Merkblatt hierzu zu mit der Bitte, noch vorhandene Facharztberichte, Reha-Entlassungsberichte und gegebenenfalls Therapeutenberichte vorzulegen.

Am 30.11.2016 ging bei der Beklagten sodann der Antrag der Klägerin auf Genehmigung von Heilmitteln bei langfristigem Behandlungsbedarf ein mit der Angabe, seit dem Jahr 2000 erhalte sie Krankengymnastik mit Wärme und seit dem Jahr 2004 manuelle Therapie. Die Klägerin legte bei Arztbriefe des Facharztes für Neurologie Dr. R. vom 24.11.2016 (chronische Cervikobrachialgie   links bei mehrsegmentalen Bandscheibenprotrusionen   in Höhe Halswirbelkörper (HWK) 4 bis 7 und neuroforminalen   Stenosen, betont in Höhe HWK 6/7 links, Karpaltunnelsyndrom beidseits, unsystematischer Schwindel, zweifach operiertes Clivuschordom   mit cervikaler   Stabilisierung durch Beckenkamminterponat , Clippung   eines Arterie vertebralis- Aneurysmas rechts), vom 10.11.2015 und vom 29.12.2014, einen Arztbrief des städtischen Klinikum Karlsruhe über die ambulante Vorstellung am 05.10.2016 (rückläufige Cervikobrachialgien   links, Operation eines Clivuscordoms   links transkondylär   sowie transoral, occipitale kranicervikale Spondylodese   von occipital   bis HW 4, Clipausschaltung eines Arterie vertebralis-Aneurysmas rechts, Schwindelsymptomatik), Therapieberichte der Physiotherapeutin K. vom 11.11.2016 und 16.11.2016 (zusätzlich zu Diagnosen des Klinikums K.: medialer Bandscheibenvorfall C6/7, Impingementsyndrom   rechtes Schultergelenk, Tendinosis calcarea   rechte Schulter, mäßige Synovalitis ), den Bericht über die Kernspintomographie (MRT) der HWS vom 15.08.2016 (progrediente C7-Problematik im Neuroforamen Recessusenge   und zunehmender erosiver Osteochondrose   in diesem Segment, flache Protrusionsbefunde   C 4/5, C5/6 und C6/7, keine Myelonimpression   oder Myelonläsion ), einen vorläufigen Entlassbericht der Federseeklinik über den stationären Aufenthalt vom 19.04. bis 18.05.2016 (akute Cervikobrachialgie   links bei Clivuschordom -Operation mit cervikaler Spondylodese   C0 bis C4, Zustand nach (Z.n.) Clipping der Arterie vertebralis rechts bei Aneurysma und Arterie vertebralis- Verschluss links, Myeloproliferatives   Syndrom, depressive Entwicklung bei anhaltender psychosozialer Belastungssituation, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren) und einen Arztbrief des Klinikum Esslingen über die stationäre Behandlung vom 19. bis 21.08.2015 (Cervikobrachialgie , Z.n. Clivus-Chordom-Operation cervikaler Spondylodese   C0 bis C4, Z.n. Clipping der Arterie vertebralis bei Aneurysma rechts und Arterie vertebralis Verschluss links).

Die Beklagte holte bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) eine Stellungnahme dazu ein, ob Schwere und Dauerhaftigkeit der Schädigung mit den in der Tabelle des Merkblattes zur Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlungen aufgeführten Diagnosen vergleichbar sei und weiterer Behandlungsbedarf im Sinne der vorgelegten Diagnosen vorliege. Der MDK gab in seiner Stellungnahme an, es liege keine Vergleichbarkeit mit dem Marfan -Syndrom oder Spondylitis ankylosans   vor und empfahl allgemeine Krankengymnastik als Verordnung im und gegebenenfalls außerhalb des Regelfalles, Eigenübungen, Rehasport und gegebenenfalls manuelle Therapie als Verordnung im Regelfall.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2016 die Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung ab. Die Erkrankungen der Klägerin befänden sich nicht auf der Indikationsliste und wiesen auch keine vergleichbaren Merkmale auf.

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