Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte. wirtschaftliche Verhältnisse des Beschädigten und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen. bedarfsbezogene Leistungsgewährung. Anknüpfung an sozialhilferechtlichen Mindestbedarf als untere Grenze. Lücke im Unterhaltsbedarf

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Festlegung, ob aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschädigten und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen die Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte gerechtfertigt ist oder nicht, kann auf den sozialhilferechtlichen Bedarf abgestellt werden. Bezieht der jugendliche Schwerbeschädigte Grundsicherungsleistungen bzw Sozialhilfe, spricht dies jedenfalls für wirtschaftliche Verhältnisse, die die Gewährung der Ausgleichsrente rechtfertigen. Eine zugunsten des Beschädigten abweichende Einschätzung des individuellen Bedarfs ist nicht ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom November 2002, der Klägerin zugegangen am 5. November 2002, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2003 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit des Sozialhilfebezugs vom 27. August 1998 bis 31. August 2003 Ausgleichsrente gemäß § 34 BVG in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte gem § 34 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) von der Beklagten.

Bei der Klägerin, geboren am 14. Oktober 1992, wurde im Jahr 1995 ein insulinpflichtiger Diabetes Mellitus Typ 1 festgestellt. Diese Erkrankung ist im Ergebnis eines langjährigen Gerichtsverfahrens als Impfschaden anerkannt. Bei der Klägerin ist ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 vH sowie das Merkzeichen “H„ anerkannt. Sie bezieht seit dem 1. August 1995 eine Grundrente sowie eine Pflegezulage.

Die Eltern der Klägerin leben seit 1997 in Scheidung. Die Mutter der Klägerin bezog vom 27. August 1998 bis zum 31. Dezember 2004 Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG und ab Januar 2005 bis 31. März 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Hartz IV). Der Kindsvater der Klägerin erzielt ein Einkommen und zahlt der Klägerin daraus den Regelunterhalt gemäß der sogenannten Düsseldorfer Tabelle seit August 1998 fortlaufend.

Die Klägerin selbst bezog vom 27. August 1998 bis zum 31. August 2003 ebenfalls Sozialhilfe nach den Vorschriften des BSHG. Dem Sozialhilfebezug lag dabei ein Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von 428,25 EUR zugrunde, der sich aus dem Regelbedarf in Höhe von 190,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale in Höhe von 4,31 EUR, einem anerkannten Mehrbedarf für Ernährung in Höhe von 51,20 EUR, Kosten der Unterkunft der Klägerin in Höhe von 173,46 EUR sowie einem Heizkostenanteil in Höhe von 18,00 EUR zusammensetzte. Diesem Bedarf stand ein Einkommen der Klägerin in Höhe von 379,89 EUR, bestehend aus Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR sowie dem vom Vater gezahlten Unterhalt in Höhe von 225,89 EUR gegenüber. Zum 1. September 2003 entfiel die Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin aufgrund vorhandenen Vermögens.

Der Antrag der Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, vom 10. August 1995 auf Anerkennung der festgestellten Diabetes-Erkrankung als Impfschaden beinhaltete auch einen Antrag auf Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte gem § 34 BVG. Nach Abschluss des langjährigen Gerichtsverfahrens über die Anerkennung der Erkrankung als Impfschaden und erst danach eingereichter Unterlagen hinsichtlich der Einkommens- und Vermögenssituation im August 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Ausgleichsrente mit einem undatierten Bescheid vom November 2002, der bei dem Bevollmächtigten der Klägerin am 5. November 2002 einging, ab, weil der Unterhalt der Klägerin gesichert sei. Den am 14. November 2002 dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003 als unbegründet zurück, denn der notwendige Unterhalt der Klägerin in Höhe des sozialhilferechtlichen Regelbedarfsatzes von 190,00 EUR sei durch die Zahlungen des Kindsvaters gesichert.

Am 24. April 2003 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, entgegen der Auffassung der Beklagten könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihr Unterhalt gedeckt sei, denn sie habe doch laufend Sozialhilfe bezogen. Die Ausgleichsrente sei daher aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihrer unterhaltspflichtigen Angehörigen gerechtfertigt im Sinne des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG.

Die Klägerin beantragt,

den undatierten Bescheid der Beklagten, eingegangen am 5. November 2002, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Ausgleichsrente gem § 34 BVG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angegriffen...

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