Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsrechtliche Berücksichtigung vom Arbeitgeber gezahlter Zuschläge

 

Orientierungssatz

1. Für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen hat der Arbeitgeber keine zusätzlichen finanziellen Leistungen zu gewähren. Für die Nachtarbeit bestimmt § 6 Abs. 5 ArbZG dagegen zwingend, dass der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren hat. Dieser beträgt durchschnittlich 25 %.

2. Nach § 3b Abs. 2 S. 1 EStG dürfen die neben dem Grundlohn zu leistenden Zuschläge nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung sein; sie müssen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gezahlt werden.

3. Im Beitragsrecht der Sozialversicherung können vom Steuerrecht abweichende Grundsätze gelten. Sozialversicherungsbeiträge sind von demjenigen Bruttoarbeitsentgelt zu erheben, das der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann.

4. Zuschläge sind als Teil des vereinbarten Grundlohns nicht mehr privilegiert, wenn sie Teil einer einheitlichen Entlohnung sind und nicht für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert wird auf 9647,47 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Nachzahlung aus einer Betriebsprüfung für den Zeitraum 01. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008.

Die Klägerin ist ein Taxiunternehmen. Bei ihr waren die Beigeladenen zu 1) bis 3) in dem Zeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 beschäftigt. In den Arbeitsverträgen der Klägerin mit den Beigeladenen wurde in der einvernehmlichen Vertragsänderung vom 12. Dezember 2002 vereinbart, dass die Beigeladenen einen Monatslohn von 1050,- € bzw. 1100,00 € einschließlich aller steuerfreien Zuschläge und nach Abzug der persönlichen Besteuerungsmerkmalen ermittelten steuerrechtlichen Abzüge und Sozialabgaben erhalten sollten. Es wurde eine Arbeitszeit von mindestens 60 Stunden in der Woche vereinbart. Die Klägerin zahlte den Beigeladenen in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum monatlich einen Nettobetrag von 1050,00 € bzw. 1100,00 € aus. Dieser setzte sich zusammen aus einem vereinbarten Basislohn von 3,83 € je Stunde und den Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen. Erreichte der Arbeitnehmer nach dieser Berechnung und nach Abzug der Steuer- und Sozialleistungsabgaben den Nettolohn von 1050,00 € bzw. 1100,00 € nicht, sollte er eine so genannte Grundlohnergänzung erhalten. Diese war aufgrund der unterschiedlichen Arbeitszeiten und der unterschiedlichen Stunden pro Monat variabel. Ziel war es Lohnschwankungen durch unterschiedliche Einsätze der Beigeladenen zu vermeiden. Der Auszahlungsbetrag errechnete sich wie folgt:

Basisgrundlohn von 3,83 Euro

+ Grundlohnergänzung

= Grundlohn

- Steuerrechtliche Abzüge

- Sozialabgaben

= Nettolohn

+ SFN-Zuschläge

= Auszahlungsbetrag von 1050,00 € bzw. 1100,00 Euro.

Es wurde im hier streitgegenständlichen Zeitraum für alle drei Beigeladenen in jedem Monat eine so genannte Grundlohnergänzung gezahlt.

Es fand durch die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Im Nachgang dieser Betriebsprüfung erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin am 12. Oktober 2009 einen Betriebsprüfungsbescheid, mit dem sie von der Klägerin eine Nachzahlung in Höhe von 9.647,97 € begehrte. Zu dieser Nachzahlung kam die Beklagte durch die Einbeziehung der gewährten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Für diese Gehaltsbestandteile hat die Klägerin bisher keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Dagegen ging die Klägerin in Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2010 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Steuer- und Beitragsfreiheit vorausgesetzt habe, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn gezahlt werden. Dies ist bei der vorliegenden Regelung nicht der Fall, da die Zuschläge bereits in dem vereinbarten Lohn enthalten sind und gerade nicht zusätzlich gezahlt würden. Der Nettoverdienst habe trotz unterschiedlich hoher Zuschläge keinerlei Schwankungen unterlegen.

Am 18. Januar 2011 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Potsdam.

Sie ist der Ansicht,

die Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge sind steuerfrei. Daraus habe sich dann auch die Sozialversicherungsabgabenfreiheit ergeben. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 3 EStG seien auch in der vorliegenden Lohnzahlung die Zuschläge steuerfrei, da mit den Zuschlägen ein Ausgleich für die besonderen Erschwernisse und Belastungen gewährt werden soll. Die Trennung zwischen Zuschlägen und Grundlohn sei nicht deshalb aufgehoben, weil die Grundlohnergänzung variabel gestaltet wurde.

Die Klägerin beantragt,

der Bescheid vom 12. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2010 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist im Wesen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen