Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung einer Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit. Anforderungen an die berufsbedingte UV-Belastung zur Annahme eines Ursachenzusammenhangs zwischen Tätigkeit und Krankheitsentstehung

 

Orientierungssatz

1. Die Anerkennung einer Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit kommt nur in Betracht, wenn der Betroffene durch die Berufstätigkeit einer natürlichen UV-Strahlungsmenge ausgesetzt war, die über die gewöhnliche Strahlungsbelastung der Allgemeinbevölkerung hinausgeht. Das ist dann anzunehmen, wenn die nicht arbeitsbedingte UV-Belastung um mindestens 40 Prozent überschritten wird.

2. Einzelfall zur Anerkennung einer Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit bei einem Schiffskoch (hier: Ursachenzusammenhang zwischen Tätigkeit und Hautkrebserkrankung verneint).

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Hauterkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) anerkannt werden kann, und zwar nach der Ziffer 5103 (Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung) der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1934 geborene Kläger absolvierte von 1948 bis 1951 eine Ausbildung zum Koch im D. E.. Anschließend war der Kläger von August 1951 bis August 1963 in der Seeschifffahrt als Koch, Messesteward und Kochsmaat bei verschiedenen Reedereien unter deutscher Flagge beschäftigt. Zu seinen Aufgaben an Bord gehörten Arbeiten im Wirtschaftsbereich, bei der Speisenzubereitung, die Betreuung von Passagieren und Reinigungsarbeiten. Nach der Zeit als Schiffskoch war der Kläger als Koch und Küchenleiter bei verschiedenen Arbeitgebern an Land tätig. Seit dem 01.03.1999 ist der Kläger Rentner.

Am 07.03.1988 wurde bei dem Kläger ein Unterlippenkarzinom (Stachenzell-Karzinom) diagnostiziert. Anschließend traten aktinische Keratosen bis Plattenepithelkarzinome auf. Der behandelnde Dermatologe Dr. F. erstattete am 05.03.2015 eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine BK.

Die Beklagte leitete ein BK-Feststellungsverfahren ein. Der Kläger gab an, er sei Kleine Fahrten in der Nord- und Ostsee, Mittlere Fahrten im Bereich des Mittelmeeres und Frankreich sowie Große Fahrten (Golf von Mexiko, Afrika, Panama- und Suez-Kanal, Chile, Kuba, Japan etc.) gefahren. Bei Afrika-Fahrten von 1953 bis 1955 seien sie den Niger aufwärts gefahren. Das Schiff habe manchmal 8 Tage mitten im Busch gelegen, dort sei es sehr heiß und feucht gewesen. Er habe keine Sonnenschutzcreme verwendet. Die langärmelige Kleidung sei UV-durchlässig gewesen. Der Kläger legte Seefahrtsbücher vor.

Der Präventionsdienst der Beklagten erstattete am 06.07.2015 eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition zur BK der Ziffer 5103 der Anlage 1 zur BKV (im Folgenden: BK 5103). Er stützte sich auf die vorgelegten Unterlagen und ein mit dem Kläger geführtes Telefonat. Der Präventionsdienst führte aus, dass der Berechnung ein Lebensalter von 54 Jahren zugrunde gelegt worden sei, da das Stachelzell-Karzinom erstmals am 07.03.1988 diagnostiziert worden sei. Hieraus errechne sich ein Referenzwert für die private Lebenszeitbestrahlung von 7020 SED (Standarterythemdosen). Der geforderte berufliche Mindestexpositionswert von 40 %, bei dem die arbeitstechnischen Voraussetzungen als erfüllt angesehen werden könnte, betrage daher 2808 SED. Der Kläger habe telefonisch angegeben, er habe sich während seiner Arbeitszeit als Schiffskoch ca. 1 Stunde pro Tag im Freien aufgehalten. Er habe Frischgemüse sowie weitere Speisen (Brot kneten und in der Sonne aufgehen lassen) draußen zubereitet, da es in der Küche oft unerträglich heiß gewesen sei. Aufgrund dieser Angaben, der Fahrtzeiten sowie der in den subtropischen und tropischen Breiten zu erwartenden hohen Exposition gegenüber natürlicher UV-Strahlung habe sich ein berufliche Exposition von 848 SED errechnet, so dass nur ein beruflicher Anteil von ca. 12 % vorgelegen habe. Die berufliche Mindestexposition sei daher nicht überschritten worden.

Mit Bescheid vom 24.09.2015 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung der Hauterkrankung des Klägers als BK 5103 sowie Ansprüche auf Leistungen ab. Ausgehend von der Erstdiagnose eines Plattenepithelkarzinoms im Jahr 1988 habe eine zusätzliche berufliche UV-Strahlenbelastung von ca. 12 % vorgelegen, so dass die zur Anerkennung der BK 5103 geforderte zusätzliche berufliche UV-Strahlenbelastung von mindestens 40 % nicht erreicht werde.

Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, dass er überwiegend in Afrika gefahren sei und fast ausschließlich an Deck gearbeitet habe. Er habe dort auch gekocht und Brot gebacken. Eine weitere Begründung erfolgte nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit der am 17.03.2016 vor dem Sozialgericht Osnabrück erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er habe im Schnitt mehrere Stunden tä...

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