Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Anspruch des Pflegeheimträgers auf Zahlung eines Anerkennungsbetrags wegen Herabsetzung der Pflegestufe

 

Orientierungssatz

Wird die Pflegestufe eines in einer Pflegeeinrichtung wohnenden Pflegebedürftigen herabgesetzt, hat der Einrichtungsträger Anspruch auf die Rückstufungsprämie. Sie muss nicht den Nachweis führen, dass die Herabstufung auf besondere aktivierende Maßnahmen ihrerseits ursächlich zurückzuführen ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.09.2015; Aktenzeichen B 3 P 1/14 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Anerkennungsbetrag in Höhe von 1.536,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 1.536,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf die Zahlung eines Anerkennungsbetrages wegen der Herabstufung einer pflegebedürftigen Heimbewohnerin hat.

Die Klägerin ist Trägerin der stationären Pflegeeinrichtung Haus St. C. in S., in der die bei der beklagten Pflegekasse versicherte Frau B.X. lebt. Die im März 1927 geborene Versicherte wurde im Wesentlichen wegen der Folgen einer Hirnblutung, verschiedener Frakturen und eines Herzleidens in der Zeit vom 30. Mai 2010 bis zum 13. Juli 2010 stationär behandelt. Zwischenzeitlich - vom 15. bis zum 21. Juni 2010 - erhielt sie eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme.

Am 13. Juli 2010 zog die Versicherte - im Rahmen der Kurzzeitpflege - in die stationäre Einrichtung der Klägerin ein. Seit dem 5. August 2010 ist sie dort vollstationär untergebracht.

Durch Bescheid vom 10. August 2010 bewilligte die Beklagte der Versicherten Leistungen der vollstationären Pflege gemäß § 43 des Sozialgesetzbuches - Elftes Buch - (SGB XI) nach der Pflegestufe II. Grundlage dieser Bewilligung war das Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 29. Juli 2010, in dem Frau T. einen grundpflegerischen Hilfebedarf von täglich 142 Minuten ermittelt hatte. Die Gutachterin hielt eine Nachuntersuchung im Februar 2011 für erforderlich, da der zukünftige Hilfebedarf auf Dauer noch nicht eingeschätzt werden könne.

In dem von der Beklagten veranlassten Wiederholungsgutachten vom 21. März 2011 schätzte Frau T. den täglichen grundpflegerischen Hilfebedarf nur noch auf 100 Minuten ein. Im Vergleich zur Vorbegutachtung sei die Versicherte deutlich mobiler geworden. Daraufhin stufte die Beklagte die Versicherte durch den verbindlich gewordenen Bescheid vom 19. April 2011 für die Zeit ab 20. April 2011 in die Pflegestufe I herab.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2011 begehrte die Klägerin von der Beklagten wegen der erfolgten Herabstufung die Zahlung des Anerkennungsbetrages in Höhe von 1.536,00 Euro. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 19. Mai 2011 den Antrag ab. Die Rückstufung in eine niedrigere Pflegestufe sei nicht Folge aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen während der stationären Pflege der Versicherten gewesen, sondern sie sei als Konsequenz der vor der Aufnahme in das Pflegeheim durchgeführten geriatrischen Rehabilitationsmaßnahme vom Juni 2010 anzusehen. Die Wirkung dieser Reha-Maßnahme sei bei der Erstbegutachtung noch nicht festzustellen gewesen.

Mit ihrem Schreiben vom 31. Mai 2011 legte die Klägerin unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung ausführlich ihre Auffassung dar, dass im Falle einer Rückstufung die Vermutung bestehe, dass sie auf aktivierende oder rehabilitative Maßnahmen der Pflegeeinrichtung zurückzuführen sei. Zur Zahlung des Anerkennungsbetrages setzte die Klägerin eine Frist bis zum 10. Juni 2011.

Mit der am 21. Juli 2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hat - auf eine Anregung des Gerichts - Ablichtungen aus der Pflegeplanung und eine Auflistung von Gruppenaktivitäten vorgelegt, an denen die Versicherte teilgenommen habe. Zur Begründung des Anspruchs auf die Bonuszahlung sei - so die Klägerin - ein konkreter Nachweis, dass die Pflegeeinrichtung aktivierende oder rehabilitative Maßnahmen durchgeführt habe, die kausal für die Rückstufung wären, nicht erforderlich. Dies folge bereits aus der amtlichen Gesetzesbegründung zu § 87 a Abs. 4 SGB XI. Die Bonuszahlung werde automatisch dann fällig, sobald eine Rückstufung erfolge. Eine Ausnahme komme nur dann in Betracht, wenn die Pflegekasse nachweisen könne, dass die Rückstufung z.B. auf einer stationären Rehabilitationsmaßnahme oder einer anderweitigen nicht auf die Pflegeeinrichtung zurückzuführenden Maßnahme beruhe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Anerkennungsbetrag in Höhe von 1.536,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie stützt sich bei ihrer Rechtsauffassung auf das Gemeinsame Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Pflegekassen auf Bundesebene zu den leistungsrechtlichen Vorschriften vom 1. Juli 2008. Unter der Ziffer 2 zu § 87 a Abs. 4 SGB XI heiße es dort: "Die Bonuszahlung setzt voraus, dass die Pflegeeinrichtung spezielle eige...

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