Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosengelds. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell. wichtiger Grund. maßgeblicher Zeitpunkt. beabsichtigter nahtloser Übergang in die Altersrente. Prognose. geänderte Rentenpläne wegen nachträglicher Änderung der Rechtslage. abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein wichtiger Grund zur Vermeidung einer Sperrzeit muss dem Arbeitslosen bereits bei seinem versicherungswidrigen Verhalten zur Seite gestanden haben. Liegt dieses im Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung, sind damit nur die Verhältnisse zur Zeit des Vertragsschlusses relevant. Ein späteres Verhalten des Arbeitslosen ist insofern nur zu berücksichtigen, soweit es als Indiz für seine damaligen Absichten aussagekräftig wäre.

2. Wollte der Arbeitslose bei Abschluss des Vertrags endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheiden und ändert er diesen Entschluss im Hinblick auf eine erst durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz (juris: RVLVG) geschaffene Möglichkeit, eine abschlagsfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen, bleibt sein Verhalten durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt.

 

Tenor

1. Der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 03.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird unter dementsprechender Abänderung ihres Bewilligungsbescheids vom 03.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2014 verurteilt, an die Klägerin auch für die Zeit vom 01.10.2014 bis 23.12.2014 Arbeitslosengeld in Höhe von 14,09 Euro täglich zu zahlen.

3. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit.

Die 1952 geborene Klägerin war seit dem 01.01.1991 als kaufmännische Angestellte tätig. Im Jahre 2006 wurde ihr von ihrer Arbeitgeberin der Abschluss einer Altersteilzeit-Vereinbarung nach dem sog. Blockmodell angeboten. Da die Klägerin nach ihren Angaben seinerzeit beabsichtigte, nach dem Ende der Freistellungsphase Altersrente in Anspruch zu nehmen, unterzeichnete sie am 24.10.2006 einen "Vertrag über Altersteilzeit" mit ihrer Arbeitgeberin. Darin wurde eine Arbeitsphase vom 01.10.2009 bis 31.03.2012 und eine Freistellungsphase vom 01.04.2012 bis 30.09.2014 vereinbart.

Im Frühjahr 2014 wurde das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung parlamentarisch beraten und verabschiedet (Verkündung im Bundesgesetzblatt I Nr. 27 v. 26.06.2014, S. 787). Daraufhin entschied sich die Klägerin, sich nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zunächst dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, um später eine abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nehmen zu können. Am 05.06.2014 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 01.10.2014. Dieses wurde ihr mit Bescheid vom 03.07.2014 für die Zeit vom 24.12.2014 bis 22.06.2016 in Höhe von 14,09 Euro kalendertäglich bewilligt. Mit Bescheid vom gleichen Tag stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.10.2014 bis 23.12.2014 fest. In diesem Zeitraum ruhe der klägerische Anspruch auf Arbeitslosengeld. Zugleich werde die Anspruchsdauer um 180 Tage gemindert. Zur Begründung verwies die Beklagte auf den Umstand, dass die Klägerin ihre Beschäftigung freiwillig aufgegeben habe, um in Rente zu gehen. Statt diese planmäßig zu beantragen, habe sie sich nun arbeitslos gemeldet. Dass sie dadurch einen höheren Rentenanspruch erwerben könne, stelle keinen wichtigen Grund dar.

Dagegen erhob die Klägerin, vertreten durch ihre Bevollmächtigten, fristgerecht Widerspruch. Die Feststellung der Sperrzeit sei unrechtmäßig. In der Sache stützte sie sich auf die Entscheidung des BSG vom 21.07.2009 (Az. B 7 AL 6/08 R), die auf den vorliegenden Fall übertragbar sei. Danach sei der Abschluss der Altersteilzeit. Vereinbarung durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt, weil die Klägerin fest entschlossen gewesen sei, nach dem Ende der Freistellungsphase Altersrente zu beziehen. Erst durch die nicht vorhersehbare, auf dem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung beruhende Möglichkeit, zum 01.10.2015 eine abschlagsfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen, habe sie sich entschlossen, doch nicht schon zum 01.10.2014 in Rente zu gehen. Wegen der Einzelheiten verwies die Klägerin auf eine beigefügte Rentenauskunft vom 03.09.2014.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2014 wurde der Widerspruch von der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Der Vortrag der Klägerin führe auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zur Anerkennung eines wichtigen Grunds. Die Klägerin habe bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages gewusst, dass sie zum 01.10.2014 nur eine Altersrente mit Abschlägen erhalten könne. Daran habe sich nichts geändert.

Dagegen hat die Klägerin, vertreten durc...

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