Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilhabe am Arbeitsleben. Kraftfahrzeughilfe. Zuschuss zur Beförderung zwischen Wohnung und Lehrgangsort. Übernahme der Fahrtkosten ohne Eigenbeteiligung

 

Orientierungssatz

Der Anspruch auf Übernahme der Kosten, die dem behinderten Menschen im Zusammenhang mit der Beförderung zwischen Wohnort und Lehrgangsort im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben entstehen, ist an eine Eigenbeteiligung gebunden. Sowohl § 53 Abs. 4 SGB IX als auch § 9 Abs. 1 S. 2 KfzHV, der neben § 53 SGB IX selbständig anwendbar ist, sehen die Eigenbeteiligung des behinderten Menschen vor. Dabei ist § 53 Abs. 4 SGB IX auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, ein öffentliches Verkehrsmittel zu nutzen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt nunmehr von der Beklagten die Gewährung eines Zuschusses zur Beförderung zwischen Wohnung und Lehrgangsort im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben ohne eine Eigenbeteiligung.

Der G. geborene Kläger wohnt in H. und leidet an Muskelschwund. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 100 schwerbehindert und der Schwerbehindertenausweis weist die Merkzeichen G, aG und H auf (Bl. 4 der Verwaltungsakte). Der Kläger schloss den Besuch des Gymnasiums mit der Ablegung des Abiturs ab und schloss mit der Stadt H. einen Ausbildungsvertrag zum Verwaltungsfachangestellten ab (Bl. 12 bis 14 der Verwaltungsakte). Die Ausbildung sollte vom 01. August 2008 bis 31. Juli 2011 erfolgen. Der Kläger sollte im ersten Ausbildungsjahr ein monatliches Gehalt von 687,34 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr von 736,15 Euro und im dritten Ausbildungsjahr von 780,93 Euro erhalten.

Im Zeitraum vom 11. August bis 16. September 2008 fand der erste Lehrgang in I. statt, und der Kläger wurde dorthin durch ein Transportunternehmen befördert. In der Zeit vom 17. September bis 26. November 2008 besuchte der Kläger den Arbeitsplatz in H.. In der Folgezeit bis zum 06. März 2009 besuchte er die Berufsschule in H.. Am 07. August 2008 nahm der Kläger an einer überbetrieblichen Schulung in J. teil. In der Zeit vom 16. November 2009 bis 26. Januar 2010 wird ein weiterer Lehrgang durchgeführt.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 23. Juni 2008 einen Zuschuss zur Beförderung zwischen Wohnung und Lehrgangsort im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2008 (Bl. 24 bis 25 der Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte einen Zuschuss zur Beförderung für die Zeit vom 11. August 2008 bis 10. Januar 2009, längstens jedoch bis zur Auslieferung des beantragten Fahrzeugs. Dabei setzte die Beklagte eine streckenbezogene Eigenbeteiligung von 17,16 Euro fest, die sich aus der Distanz von 132 km multipliziert mit einem Betrag von 0,13 Euro je Streckenkilometer ergibt. Bei den täglichen Fahrkosten werde daher ein Betrag von 160,84 Euro übernommen. Leistungen des Arbeitgebers seien auf den Zuschuss anzurechnen.

Dagegen legte der Kläger am 11. August 2008 Widerspruch ein (Bl. 31 bis 32 der Verwaltungsakte) und begründete diesen damit, dass er durch die Anrechnung der Leistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitauszubildenden benachteiligt werde. Nach § 53 SGB IX seien die Reisekosten voll ohne Eigenbeteiligung zu übernehmen. Während des ersten, 27-tägigen Lehrganges seien Eigenbeteiligungskosten von 463,32 Euro entstanden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04. September 2008 zurück (Bl. 34 bis 38 der Verwaltungsakte) und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:

Über § 33 SGB IX seien die Vorschriften der Kraftfahrzeughilfe anwendbar. Beförderungskosten seien als Zuschuss zu übernehmen. Nach § 9 Absatz 1 Satz 2 Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) sei eine Eigenbeteiligung zu fordern, wobei vom Kläger dies nur im Rahmen der nutzungsbedingten Kosten verlangt werden könne.

Dagegen hat der Kläger am 02. Oktober 2008 Klage erhoben.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 (Bl. 34 der Gerichtsakte) hat die Beklagte eine Abrechnung für die Fahrt zur Schulung am 07. August und 12 Tage Lehrgangsteilnahme in I. abrechnet. Hinsichtlich ersterer berechnete sie einen Eigenanteil von 2,60 Euro und hinsichtlich letzterer einen solchen von 205,92 Euro zuzüglich Erstattungsanteil des Arbeitgebers in Höhe von 268,10 Euro. Sämtliche Eigenanteile behielt die Beklagte ein.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2009 (Bl. 33 der Gerichtsakte) hat die Beklagte für 15 Tage Lehrgangsteilnahme im August 2008 einen Eigenanteil von 257,40 Euro errechnet und einbehalten.

Der Kläger trägt zur Begründung der Klage vor:

Er habe seit dem 14. November 2008 ein behindertengerechtes Kfz. Es liege ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz vor.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 30. Juni 2009 (Bl. 46 der Gerichtsakte) die Anrechnung der vom Arbeitgeber geleisteten Fahrkostenerstattung in Höhe von 268,10 Euro aufgehoben.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Bekla...

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