Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Vorstandsmitglied einer AG. Vorstandsbestellung zur Umgehung der Versicherungspflicht

 

Orientierungssatz

Die Vorschrift des § 1 S 4 SGB 6 in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung knüpfte die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung ausschließlich an die Rechtsform der Gesellschaft. Sie differenzierte nicht danach, ob eine Tätigkeit als Vorstand der Aktiengesellschaft ausgeübt wird und in welchem Verhältnis diese zu einer anderen Tätigkeit steht. Für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung war in typisierender Betrachtung ausreichend, dass der Betreffende Vorstand bzw Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft war (vgl BSG vom 19.6.2001 - B 12 KR 44/00 R = SozR 3-2400 § 7 Nr 18) .

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10.11.2003

in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 verurteilt

festzustellen, dass der Kläger als Vorstandsmitglied der Beigeladenen zu 2)

nach § 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI von der Versicherungspflicht ausgenommen ist

und auch alle neben der Vorstandstätigkeit ausgeübten Tätigkeiten von

der Rentenversicherungspflicht nicht erfasst werden.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Sonst sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rentenversicherungsfreiheit des Klägers wegen der Tätigkeit als stellvertretender Vorstand einer Aktiengesellschaft.

Der Kläger, geboren ...1975 ist bei der Beigeladenen zu 3) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis als Qualitätsmanager mit einem Jahresgehalt von etwa 48.000,00 Euro beschäftigt. Arbeitslosenversicherungsbeiträge werden an die Beigeladene zu 1) abgeführt.

Durch Beschluss des Aufsichtsrates der Beigeladenen zu 2) wurde der Kläger am 31.10.2003 zum stellvertretenden Vorstandsmitglied der Beigeladenen zu 2) bestellt - neben weiteren 26 stellvertretenden Vorstandsmitgliedern -. Unter dem gleichen Tag wurde ein Anstellungs- und Versicherungsvertrag geschlossen. Dieser enthält folgende Regelungen:

§ 1 Aufgaben

4.

Das stellvertretende Vorstandsmitglied wird für die S-K AG im Rahmen der organisatorischen und akquisitorischen Vorbereitung und Umsetzung des Betreiberkonzeptes für das Projekt "Ambulante Pflegedienste" und "Pflegeassistenten" tätig.

Leistungsschwerpunkte

-

Akquisitionsgespräche

-

Feststellung der Kooperationsfähigkeit der ambulanten Dienste

-

Ermittlung des Bedarfs an Leistungen

-

Erarbeitung des Einsatzplanes zur Akquisition der Pflegeassistenten

-

Zusammenarbeit mit den örtlichen Organen, den medizinischen Einrichtungen und den Nutzern.

§ 2 Vergütung

1.

Das stellvertretende Vorstandsmitglied erhält für seine Tätigkeit ausschließlich eine leistungsbezogene Vergütung für die Vermittlung von Beratungsverträgen für Pflegebedürftige und ambulante Pflegedienste.

Die Vergütung ist wie folgt gestaffelt:

a)

Für die Akquisition von Pflegediensten erhält das stellvertretende Vorstandsmitglied eine Provision in Höhe von 3,5 % der Honorarumsätze, die die S-K AG mit dem ambulanten Pflegedienst während der Laufzeit eines Beratungs- und Kooperationsvertrages tatsächlich erzielt.

b)

Für die Akquisition von "Pflegeassistenten" 100,00 Euro pro abgeschlossenen Einstellungsvertrag/Pflegevertrag.

Das Honorar ist jeweils am 15. des darauf folgenden Monats für die erbrachten Leistungen des Vormonats fällig.

2.

Das stellvertretende Vorstandsmitglied kann über seinen Arbeitsort und seine Arbeitszeit frei verfügen.

3.

Das stellvertretende Vorstandsmitglied ist allein verantwortlich für die Abführung aller gesetzlichen Abgaben, wie Steuern etc.

4.

Das stellvertretende Vorstandsmitglied willigt ein, dass die S-K AG nach § 7 a SGB IV, beim Rentenversicherungsträger oder der Einzugsstelle des selben, einen Antrag stellt, um feststellen zu lassen, dass das stellvertretende Vorstandsmitglied keine versicherungspflichtige Beschäftigung und Tätigkeit ausübt.

§ 3 Kosten

1.

Für die Bestellung zum stellvertretenden Vorstandsmitglied und der Umsetzung des Konzeptes wird eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 750,00 Euro erhoben.

2.

Diese Gebühr ist sofort vor Eintragung beim Registergericht zu bezahlen, auf folgendes Konto der S-K AG, Konto-Nr.:

3.

Kosten und Aufwendungen werden dem stellvertretenden Mitglied nicht erstattet.

§ 4 Vertragsdauer

1.

Der Anstellungsvertrag wird für die Zeit von 5 Jahren geschlossen. Verlängerungen des Vertrages sind möglich, wenn das stellvertretende Vorstandsmitglied weiterhin zum stellvertretenden Vorstandsmitglied der S-K AG bestellt worden ist.

2.

Wird das stellvertretende Vorstandsmitglied während der Laufzeit des Vertrages dauernd arbeitsunfähig, so endet der Anstellungsvertrag mit dem Ende des Quartals, in dem die dauernde Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden ist. Dauernde Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn das stellvertretende Vorstandsmitglied länger als 6 Monate außerstande ist, seiner Tätigkeit nachzugehen, und die Wiederherstellung seiner Diensttätigkeit innerhalb von weiteren 6 Mo...

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