Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Elterngeld: Anspruch auf Elterngeld bei Auslandsaufenthalt. Annahme eines Wohnsitzes im Ausland bei Beibehaltung einer Wohnung auch im Bundesgebiet. Anforderung an Annahme des Fortbestehens einer Bindung an das deutsche Sozialversicherungssystem bei Auslandsaufenthalt

 

Orientierungssatz

1. Bei einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt ist auch dann im sozialrechtlichen Sinne von einer Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland auszugehen, wenn für die Dauer des Auslandsaufenthaltes die inländische Wohnung nicht aufgegeben wird. Demgemäß kommt bei einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt auch die Gewährung von Elterngeld im Regelfall nicht in Betracht, soweit nicht ausnahmsweise eine Bindung an das deutsche Sozialversicherungssystem fortbesteht.

2. Ruht während einer Auslandstätigkeit ein inländisches Beschäftigungsverhältnis, so fehlt es an der Annahme des Fortbestehens einer Bindung an das deutsche Sozialversicherungssystem, das auch bei einem Wohnsitz im Ausland ausnahmsweise einen Anspruch auf Elterngeld begründen könnte. Dabei genügt allein ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht zur Begründung der Annahme eines solchen Fortbestehens der Bindung an das deutsche Sozialversicherungssystem, da dieses Versicherungspflichtverhältnis gerade nicht aus einer Arbeitnehmerpflichtversicherung resultiert.

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig sind ein Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für ihr 2014 geborenes Kind B. und die Erstattung von Elterngeld für das 2010 geborene Kind C. im Umfang von 4.262,16 € wegen des Aufenthalts der Klägerin und ihrer Familie in den USA während des Elterngeldbezugszeitraumes ab 28.01.2011 bis 31.07.2015.

Die Klägerin ist Mutter der Kinder D. (geboren 2008), C. (geboren 2010) und B. (geboren 2014).

Mit ihrem Ehemann und der Familie hielt sich die Klägerin vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 in den USA auf. Der Ehemann der Klägerin, E. E., war in dieser Zeit bei der F., Inc., F Straße, F-Stadt, MI 48326, USA, beschäftigt. Ausweislich einer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der F. AG G-Stadt vom 19.08.2014 wurde vom Ehemann der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.07.2015 mit dem o. g. Unternehmen in den USA ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen. Währenddessen ruhte das Arbeitsverhältnis mit der F. AG in Deutschland. Zugleich wurde bescheinigt, dass der Ehemann der Klägerin nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses wieder bei der F. AG in Deutschland in den normalen Geschäftsbetrieb integriert sei.

Auf den von der Klägerin am 11.11.2014 für ihr am xx.xx.2014 in den USA geborenes Kind B. gestellten Antrag zur Gewährung von Elterngeld teilte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27.02.2015 mit, der Antrag auf Elterngeld für das Kind B. werde abgelehnt. Der Anspruch hänge u. a. davon ab, dass die Klägerin ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG). Den Wohnsitz begründe jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehabe, die darauf schließen lasse, dass er diese Wohnung beibehalten und benutzen werde (§ 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I). Ein Wohnsitz liege nur vor, solange eine Wohnung vorhanden sei, die für die Verhältnisse der Betreffenden ausreichend ausgestattet sei. Wer sich im Ausland aufhalte, behalte seinen Wohnsitz dann bei, wenn die Wohnung im Inland auch bei vorzeitiger Rückkehr sofort wieder genutzt werden könne und der Auslandsaufenthalt voraussichtlich in der Regel ein Jahr nicht überschreiten werde oder tatsächlich nicht überschreite. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen lassen würden, dass er an diesem bestimmten Ort oder in diesem bestimmten Gebiet nicht nur vorübergehend verweile (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Die Klägerin habe ihren Lebensmittelpunkt im Ausland und weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so dass Elterngeld nicht zustehe.

Mit Schreiben vom 16.03.2015 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, es bestehe nach wie vor ein Wohnsitz in A-Stadt und damit in Deutschland und die vorhandene Wohnung könne jederzeit wieder bezogen werden. Ihr Ehemann sei lediglich von F. ins Ausland entsandt und kehre mit der Familie im Juli 2015 zurück. Er sei auch in Deutschland noch einkommensteuerpflichtig, zahle Rentenversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge und deshalb bestehe ein Elterngeldanspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Dazu führte er aus, die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid, mit dem über den Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) entschieden worden sei, nicht zu beanstanden sei. Grundlage dieser Entscheidung seien die eigenen Angaben der Klägerin im Antrag sowie die von ihr eingereichten Unterlagen gewesen. N...

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