Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102 bzw Meniskusschaden. arbeitstechnische Voraussetzungen. asymmetrische Ausprägung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2112 bzw Gonarthrose. haftungsbegründende Kausalität. Knorpelschaden. Klassifikation nach Kellgren und ICRS. Fliesenleger

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die BK Nr 2102 (juris: BKV Anl 1 Nr 2102) setzt arbeitstechnisch meniskusbelastende Arbeits(zwangs)haltungen während wenigstens eines Drittels je Arbeitsschicht voraus. Bei einer geringeren zeitlichen Belastung haben die Menisken ausreichend Zeit, sich zu erholen.

2. Bei einer beidseitigen beruflichen Gelenksbelastung ist nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erwarten, dass das Ausmaß einer Gelenksarthrose iS einer BK Nr 2112 (juris: BKV Anl 1 Nr 2112) weitgehend symmetrisch verläuft. Übersteigt der Seitenunterschied einen Kellgren-Grad, ist deshalb der ursächliche Zusammenhang der Kniegelenksarthrose mit beruflichen Belastungen nicht wahrscheinlich zu machen.

3. Die Klassifikation einer Gelenksarthrose nach Kellgren ist nicht gleichzusetzen mit der Einteilung des Schweregrades von Knorpelschäden nach der ICRS.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob Gesundheitsstörungen des Klägers am linken Kniegelenk als Folge von Berufskrankheiten (BKen) der Nrn. 2102 und 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.

Der 1967 geborene Kläger absolvierte nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann ab etwa August 1987 für die Dauer von 1 ½ Jahren eine Lehre als Fliesenleger. Anschließend arbeitete er bis Januar 2001, unterbrochen durch 7 Monate Meisterschule, als Fliesenlegergeselle im väterlichen Betrieb. Diesen übernahm der Kläger im Frühjahr 2001 als selbstständiger Unternehmer. Eigenen Angaben zufolge stellte er seine “praktische Arbeit„ ab Januar 2008 wegen Knieproblemen ein. Er habe zu etwa 95 % seiner Arbeitsschichten (jeweils 9 Stunden Dauer) Fliesenlege-, in weiteren 3 % der Arbeitsschichten Estrich- und im Übrigen Abbrucharbeiten verrichtet.

Wegen einer fortgeschrittenen Varusgonarthrose mit flächenhaften Knorpeldefekten am medialen Kondylus und Riss-/Defektbildung Grad III bis IV im Innenmeniskus-Hinterhorn sowie degenerativen Veränderungen im lateralen Kompartiment und retropatellar (vgl. Arztbrief des Radiologen Dr. F. vom 10.01.2008) unterzog sich der Kläger am 01.02.2008 einer Innen- und Außenmeniskus-Teilresektion sowie Knorpelglättung im medialen Abschnitt des linken Kniegelenks (vgl. Operationsbericht der Arcus-Sportklinik P.vom selben Tag). Wegen einer beginnenden Varusgonarthrose links erfolgte am 16.12.2008 außerdem in der Orthopädischen Klinik der St. Vincentius Kliniken, K., eine hohe valgisierende Umstellungsosteotomie am linken Kniegelenk (vgl. Kurz-Entlassungsbericht der Klinik vom 22.12.2008). Veränderungen am rechten Kniegelenk in Form von Schäden am Innen- und Außenmeniskus sowie II.- bis III.-gradigen Knorpelschäden an der medialen Femurrolle sind seit dem Frühjahr 2000 bekannt (vgl. Arztbrief des Radiologen T. vom 06.03.2000).

Am 27.08.2010 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, seine Gesundheitsstörungen am linken Kniegelenk als Folge von BKen festzustellen. Hierzu teilte er ergänzend mit, bereits vor Januar 2008 hätten Beschwerden an beiden Kniegelenken bestanden. Seither sei er wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen. Hierzu legte er weitere medizinische Unterlagen sowie Röntgen- und MRT-Aufnahmen beider Kniegelenke vor. Die Beklagte zog u.a. das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Kr. bei und holte beratungsärztliche Stellungnahmen des Chirurgen Dr. S. ein. Der Präventionsdienst der Beklagten führte zu den beruflichen Belastungen zusammenfassend aus, der Kläger habe im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten meniskusbelastende Körperhaltungen im Umfang von etwa 0,70 Stunden je Arbeitsschicht eingenommen. Die Gesamtstundenzahl kniebelastender Tätigkeiten betrage 18.846 Stunden bei durchschnittlich 4,34 Stunden je Arbeitsschicht (vgl. Stellungnahme vom 13.01.2011). Sodann ließ die Beklagte den Kläger durch den Orthopäden Prof. Dr. Sch. untersuchen und begutachten. Dieser diagnostizierte eine medial betonte Gonarthrose links Grad II bis III und einen altersentsprechenden Normalbefund ohne subchondrale Sklerosierung oder Gelenkspaltveränderung Grad I am rechten Kniegelenk. Aufgrund der nur einseitigen Kniegelenksarthrose links sei eine BK der Nr. 2112 nicht wahrscheinlich zu machen. In Bezug auf eine Meniskuserkrankung links erfülle der Kläger bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 nicht. Im Übrigen handele es sich bei den Meniskusveränderungen um eine sekundäre Meniskopathie aufgrund fortgeschrittener Knorpeldegeneration. Gestützt auf dieses Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme von Prof. Dr. Sch. und weiteren beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. S. lehnte die Beklagte di...

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