Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Leistungsberechtigter. Ausschluss von den Leistungen der Landesblindenhilfe. Vergleichbarkeit mit der Blindenhilfe gem § 72 SGB 12

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 9 Abs 1 AsylbLG ist die Gewährung von baden-württembergischer Landesblindenhilfe an Asylbewerber auch in den Fällen ausgeschlossen, in denen bereits ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet vorliegt.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Landesblindenhilfe im Streit.

Der am … geborene, aufgrund einer Erkrankung erblindete Kläger besitzt die … Staatsangehörigkeit und wohnt seit ... in B. Er ist Asylbewerber mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Der Kläger ist bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet und kümmert sich nach eigenen Angaben um den Familienhaushalt.

Am 06.06.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Landesblindenhilfe. Er gab an, weder nach dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) noch aufgrund anderer Rechtsvorschriften Leistungen wegen Blindheit zu beziehen. Der Kläger legte seinen Schwerbehindertenausweis vom 07.09.2009 mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie den Merkzeichen B, G und RF seit dem 21.05.2008 sowie dem Merkzeichen BL ab dem 06.06.2012 vor.

Mit Bescheid vom 12.08.2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Landesblindenhilfe für Baden-Württemberg ab, da nach § 9 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG keine Leistungen nach dem SGB XII oder vergleichbaren Landesgesetzen erhalten könnten. Das Gesetz über die Landesblindenhilfe für Baden-Württemberg sei ein vergleichbares Landesgesetz i.S. von § 9 Abs. 1 AsylbLG. Aufgrund der Leistungsberechtigung des Klägers nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 AsylbLG scheide eine Gewährung von Landesblindenhilfe aus.

Der am 11.09.2013 eingelegte Widerspruch wurde zunächst damit begründet, dass der Kläger bereits seit Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitze und sich daher rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte. Der Kläger sei seit … Jahren in Deutschland und es sei nicht anzunehmen, dass der Aufenthalt kurzfristig beendet werde. Da der Kläger sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalte, seien zunächst die Einschränkungen i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig. Außerdem sei nach § 2 Abs. 1 AsylbLG abweichend von den §§ 3 bis 7 das SGB XII auf Leistungsberechtigte wie den Kläger anzuwenden. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit seiner Entscheidung vom 18.07.2012 darauf abgestellt, dass bei der Ausgestaltung von Leistungen nach dem SGB XII nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenziert werden dürfe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die von dem Bevollmächtigten zitierte Vorschrift des § 2 AsylbLG sehe eine ausnahmsweise Geltung des SGB XII lediglich abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG vor, was jedoch nicht für die Ausschlussvorschrift des § 9 AsylbLG gelte. Im Übrigen sei das Gesetz über die Landesblindenhilfe für Baden-Württemberg ein eigenständiges Gesetz und keine Leistung, die im SGB XII geregelt sei. Der Kläger sei unverändert im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG und erhalte Leistungen nach dem AsylbLG. Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG seien nicht Leistungsberechtigte nach dem SGB XII. Somit sei eine Bewilligung von Leistungen nach § 72 SGB XII nicht möglich.

Am 26.02.2014 hat der Bevollmächtigte des Klägers beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Gesetzeslage nach dem AsylbLG für Personengruppen konzipiert, bei denen eine kurze Aufenthaltsdauer in Deutschland zu erwarten gewesen sei. Die Anspruchsberechtigung des Klägers ergebe sich aus §2 AsylbLG.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem Gesetz über die Landesblindenhilfe für Baden-Württemberg zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Beim Kläger lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Ziff. 3 AsylbLG und des § 2 Abs. 1 AsylbLG vor. Dort sei geregelt, dass abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII entsprechend anzuwenden sei. Dies bedeute aber auch, dass die §§ 1, 2, 8 bis 13 AsylbLG auch für den Personenkreis nach § 2 Abs. 1 AsylbLG weiter maßgebend blieben (mit Hinweis auf Oestreicher, § 2 AsylbLG RdNr. 37). Damit finde auch § 9 AsylbLG weiterhin keine Anwendung. Soweit in § 2 Abs. 1 AsylbLG das SGB XII für anwendbar erklärt werden, handelt es sich insoweit i.S. von § 9 Abs. 1 AsylbLG um Leistungen nach dem AsylbLG und nicht um solche nach dem SGB XII (mit Hinweis auf Oestreicher § 2 AsylbLG RdNr...

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