Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Einkommenseinsatz. russische Invalidenrente für Blockadeopfer Leningrads. Vergleichbarkeit mit Rentenleistungen nach dem BVG

 

Orientierungssatz

Eine staatliche Invalidenrente aus Russland, die an Personen ausgezahlt wird, die mit dem Ehrenzeichen "Überlebender des belagerten Leningrads" ausgezeichnet worden sind, ist nicht auf die Leistungen nach dem SGB 12 anzurechnen.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 05.11.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.04.2010 und 28.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2010 wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, die Grundsicherungsleistung des Klägers ohne Anrechnung der staatlichen Invaliditätsrente für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis 31.10.2010 zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung einer russischen Rente für Überlebende des belagerten Leningrades.

Der 1937 geborene Kläger und seine Ehefrau stehen im laufenden Leistungsbezug bei der Beklagten nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII). Der Kläger bezieht eine monatliche Rente aus Russland. Diese setzt sich zusammen aus drei Teilen, einer Altersrente, einer staatlichen Invaliditätsrente und einer zusätzlichen monatlichen Unterstützung (DEMO) für Personen, die mit dem Ehrenzeichen "Überlebender des belagerten Leningrades" ausgezeichnet wurden. Der übersetze Rentenbescheid vom 26.03.2010 gibt den Altersrentenbezug seit 1997 an. Ferner bezog der Kläger danach seit Mai 2008 eine staatliche Invaliditätsrente als Person, die mit dem Ehrenzeichen "Überlebender des belagerten Leningrades" (ausgezeichnet war) und zusätzlich die monatliche Unterstützung DEMO.

Der Demo-Anteil belief sich unverändert auf 500,00 Euro russische Rubel (RUB) monatlich, die Altersrente wurde in Höhe von 2967,02 RUB ausgezahlt bzw. ab Februar 2010 in Höhe von 7695,42 RUB und die staatliche Invalidenrente in Höhe von 1950,00 RUB bzw. ab Dezember 2009 in Höhe von 2562,00 RUB.

Mit Bescheid vom 05.11.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau Leistungen ab November 2009 bis zum 31.10.2010 in Höhe von insgesamt 1042,84 Euro. Auf den Bedarf des Klägers von insgesamt 570,99 Euro, zusammengesetzt aus dem Regelbedarf und den hälftigen Unterkunftskosten, rechnete die Beklagte eine monatliche russische Rente in Höhe von 112,84 Euro monatlich vollständig an. Der Kläger erhielt danach monatliche Leistungen in Höhe von 458,15 Euro.

Der Kläger legte, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, Widerspruch ein am 27.11.2009. Es müsse berücksichtigt werden, dass dem Kläger Kosten entstanden seien, um die russische Rente zu erhalten. So seien Bescheinigungen und die Verlängerung der Reisepässe erforderlich geworden. Auch sei bei Anrechnung der Rente zu berücksichtigen, dass der Kläger jüdische Gräber in Russland pflegen müsse. Diese würden regelmäßig beschädigt, der Erhaltungsaufwand sei zu abzusetzen.

Der Kläger teilte im Folgenden die Anpassung der Rentenhöhe mit.

Mit Änderungsbescheid vom 23.04.2010 rechnete die Beklagte im Mai 2010 einen monatlichen Betrag in Höhe von 213,51 Euro auf den Gesamtbedarf des Klägers ein. Dieser legte Widerspruch ein, es müsse berücksichtigt werden, dass ein Anteil aus der russischen Rente für Überlebende des belagerten Leningrads bewilligt werde.

Mit Bescheid vom 28.04.2010 änderte die Beklagte den Ausgangsbescheid ab und bewilligte für den Kläger nach Anrechnung der russischen Rente in Höhe von 126,82 Euro einen monatlichen Betrag in Höhe von 428,17 Euro, bzw. ab Mai 2010 monatlich 314,48 Euro nach Anrechnung der russischen Rente in Höhe von 213,51 Euro.

Mit Widerspruchbescheid vom 06.12.2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.11.2009 als unbegründet zurück. Nach Mitteilung des Rentenbezuges sei diese angerechnet worden, bereinigt um den DEMO-Anteil. Den Widerspruchsverfahren sei zu entnehmen, dass der Kläger davon ausgehe, dass der in der Rente enthaltene Anteil an staatlicher Invalidenrente anrechnungsfrei bleiben müsse. Einkommen sei aber auf den Bedarf anzurechnen. Nur bestimmte Einkommensarten seien davon ausgenommen, Renten fielen nicht darunter. Diese gelte auch für ausländische Renten. Eine Anrechnung erfolge nur nicht, wenn die ausländische Rente einer Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder einer Rente nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit entspräche. Darunter fielen etwa Militärinvalidenrenten, Kriegsinvalidenrenten, Renten anlässlich der Blockade von Leningrad, Renten als Entschädigung für nationalsozialistisches Unrecht und Renten wegen des Einsatzes bei der Havarie des Kernkraftwerkes Tschernobyl. Die Rente des Klägers setze sich zusammen aus einer Altersrente, einer staatlichen Invalidenrente und des sog. DEMO-Anteils, der zusätzlichen Unterstützung für Überlebende des belagerten Leningrades. Dieser Anteil sei nicht berücksichtigt...

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