Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Unfallkausalität. Theorie der wesentlichen Bedingung. Alkoholeinfluss. BAK in Höhe von 0,54 Promille

 

Orientierungssatz

1. Zur Anerkennung der Unfallkausalität (Zusammenhang zwischen dem der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Weg als Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis) im Rahmen eines Wegeunfalls, wenn der tödlich verunglückte Versicherte zum Unfallzeitpunkt "nur" eine BAK von 0,54 Promille aufwies.

2. Die für die Annahme eines Arbeitsunfalls erforderliche Kausalität zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis ist stets gegeben, wenn außer dem kausalen Anknüpfungspunkt der versicherten Tätigkeit keine anderen Tatsachen festgestellt sind, die als Konkurrenzursachen wirksam geworden sein könnten. Kann eine in Betracht zu ziehende Konkurrenzursache in ihrer Grundvoraussetzung nicht festgestellt werden, scheidet sie bereits im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne als Ursache aus. Erst wenn eine konkurrierende Ursache neben der versicherten Ursache als naturwissenschaftliche Bedingung für das Unfallereignis festgestellt wurde, ist in einem zweiten Prüfungsschritt wertend zu entscheiden, ob die versicherte Ursache wesentlich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung ist.

3. Auch wenn der Alkoholgenuss nicht zu einer Lösung vom Betrieb führt, können seine Folgen zu einem Leistungsabfall führen und als konkurrierende Ursache neben die versicherte Ursache treten. Der alkoholbedingte Leistungsabfall kann dann derart stark sein, dass ihm im Vergleich zur versicherten Ursache - der Verrichtung zur Zeit des Unfalls - überragende Bedeutung für das Eintreten des Unfallereignisses beizumessen ist und die versicherte Ursache nicht mehr als wesentlich für das Unfallereignis zu bewerten und die Unfallkausalität zu verneinen ist. Ein typischer Anwendungsfall für die alkoholbedingte Herabsetzung der Leistungsfähigkeit ist die eingeschränkte Fahrtüchtigkeit von Kraftfahrern, weil der Alkoholgenuss ihre Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt.

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Bescheide vom 26.02.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.04.2008 wird die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 02.10.2007 als Arbeitsunfall des Versicherten ... ... anzuerkennen und den Klägern Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.

2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Koten der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall und Zahlung von Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Kläger sind die Witwe und die Kinder des verstorbenen Versicherten ... .... Der Versicherte war bei der Holzhandlung A. DG. in D-Stadt beschäftigt und in dieser Tätigkeit bei der Beklagten im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Am 02. Oktober 2007 verunglückte er auf dem direkten Heimweg von der Arbeitsstelle zum Wohnort auf der B 49 tödlich. Der Arbeitgeber des tödlich verunglückten Versicherten zeigte das Ereignis mit Unfallanzeige vom 04.10.2007 bei der Beklagten an. Die Beklagte leitete daraufhin ein Verwaltungsverfahren ein und zog zunächst die polizeilichen Ermittlungsakten über den Verkehrsunfall bei. Daraus ergab sich, dass der Versicherte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug auf dessen Fahrspur kollidiert war. Die Fahrbahn war zum Zeitpunkt des Unfalls trocken, es bestand Tageslicht. Der Unfall ereignete sich ca. 200 m vor einer Verengung der Fahrbahn von zwei auf einen Fahrstreifen. Der Versicherte hatte zunächst mehrere Fahrzeuge überholt, die rechte Fahrspur war durch PKW und LKW stark befahren gewesen. Als der Versicherte mit seinem Fahrzeug gerade auf der Höhe eines rechtsfahrenden Wohnmobils war, bremste er nach Zeugenaussagen so stark ab, dass die Räder blockierten. Er geriet ins Schleudern und kam auf die Gegenspur, auf der er mit dem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte. Dabei wurde er tödlich verletzt. Die Polizei ordnete im Folgenden eine Blutentnahme bei der Leiche des Versicherten an, das Institut für Rechtsmedizin der LK. Universität GH. stellte aufgrund dieser Blutentnahme eine Blutalkoholkonzentration von 0,54 Promille zum Zeitpunkt des Unfalls fest. Eine weiterhin im Ermittlungsverfahren angeordnete Begutachtung des Unfallfahrzeugs des Versicherten ergab keine schwerwiegenden technischen Mängel, die zum Unfall geführt haben könnten. Es handelte sich bei dem Fahrzeug des Versicherten um ein BMW 320 i Cabriolet Baujahr 1987 ohne ESP. Der Sachverständige stellte fest, dass lediglich das vordere rechte Federbein ölfeucht war. Aufgrund der Kollisionsschäden an den beteiligten Fahrzeugen errechnete der Sachverständige für das Fahrzeug des Versicherten eine Annäherungsgeschwindigkeit zum Zeitpunkt des Unfalls zwischen 108 und 126 km/h. Nach Auswertung der polizeilichen Ermittlungsakte befragte die Beklagte weiterhin fernmündlich die Kollegen des Versicherten C. und B. Beide waren erstaunt darüb...

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