Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrecht

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Mutterschutzlohnkosten nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) in Höhe von monatlich 24.668,75 Euro für den Zeitraum 1. März bis 30. November 2020, insgesamt 222.018,75 Euro.

Der Kläger betreibt eine Zahnarztpraxis, die neben klassischer Zahnbehandlung auch ästhetische Behandlungen wie Bleaching oder Veneers (Keramikverblendungen) anbietet. Gemäß dem Arbeitsvertrag vom 6. Mai 2014 beschäftigte der Kläger die bei der Beklagten versicherte Frau C. M. (im Folgenden: Versicherte) seit dem 30. Juni 2014 als angestellte Zahnärztin. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden. Die monatliche Vergütung belief sich in den ersten drei Monaten auf eine Mindestvergütung von 4.000,00 Euro brutto. Darüber hinaus wurde die monatliche Vergütung wie folgt berechnet: 20 % vom eigenen Honorarumsatz über zahnärztliche Leistungen. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung zum 30. November 2020.

Die Versicherte wurde im Februar 2017 schwanger und erhielt aufgrund eines durch den Kläger als Arbeitgeber ausgesprochenen Beschäftigungsverbots Mutterschutzlohn nach § 18 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Anschließend stillte sie ihr Kind und erhielt weiterhin Mutterschutzlohn, da der Kläger von einem fortdauernden Beschäftigungsverbot ausging.

Im Jahr 2018 wurde die Versicherte erneut schwanger und brachte am 4. März 2019 ihr zweites Kind zur Welt. Sie wurde weiterhin vom Kläger nicht beschäftigt.

Ab der ersten Schwangerschaft bis einschließlich des ersten Lebensjahres des am 4. März 2019 geborenen zweiten Kindes der Versicherten erstattete die Beklagte dem Kläger gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 AAG die Mutterschutzlohnkosten i.S.d. § 18 MuSchG.

Mit Schreiben vom 28. April 2020 verweigerte die Beklagte die Erstattung der Mutterschutzlohnkosten für den Zeitraum ab März 2020, da kein Anspruch auf Erstattung über das erste Lebensjahr des Kindes hinaus bestehe. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Juni 2020 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung auf. Die Beklagte berufe sich fälschlicherweise auf die Regelung des § 7 Abs. 2 MuSchG, wonach der Arbeitgeber Stillpausen gewähren könne. Diese Regelung erfasse nicht den Fall, dass ein arbeitsplatzbezogenes Beschäftigungsverbot während der Stillzeit vorliege.

Am 8. Juli 2020 teilte die Beklagte mit, dass sie auch für die weiteren Monate nach März 2020 keinen Mutterschutzlohn zahlen werden.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2020 erhob der Kläger Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 28. April 2020 sowie die weitere Ablehnung der Zahlung. Er legte zudem ein ärztliches Attest der Frauenärztin der Versicherten, Frau Dr. H., vom 4. August 2020 vor, wonach die Versicherte weiterhin stille und dies auch weiter plane.

Der Kläger begründete seinen Widerspruch weiter wie folgt: Der Anspruch auf Mutterschutzlohn sei nicht auf die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes begrenzt. Eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 2 MuSchG komme nicht in Betracht, da keine planwidrige Regelungslücke vorliege. Es sei insoweit zwischen dem Anspruch auf Freistellung für Stillzeiten und dem Gesundheitsschutz zu differenzieren. Bei einem Beschäftigungsverbot behindere das Stillen nicht die Arbeitsleistung der betroffenen Arbeitnehmerin. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes dürfe sie aber ihre Arbeit nicht erbringen. Eine Inanspruchnahme von Mutterschaftslohn statt der Beantragung von Elternzeit sei insoweit nicht zu beanstanden.

Mit Schreiben vom 22. Juli 2020 führte die Beklagte aus, dass die Stillzeit nach § 7 MuSchG auf zwölf Lebensmonate begrenzt sei. Die Höchstgrenze sei im Sinne des Ausgleichs der Interessen von Arbeitgeber und stillender Mutter zu berücksichtigen. Der Widerspruch sei unbegründet.

Mit Antrag vom 29. Oktober 2020 hat der Kläger unter dem Aktenzeichen S 34 KR 2391/20 ER einstweiligen Rechtsschutz bei dem erkennenden Gericht begehrt. Der Antrag ist mit Beschluss vom 24. November 2020 abgelehnt worden. Das Gericht hat bei Leistungen für die Vergangenheit bereits keine Eilbedürftigkeit gesehen. Zudem seien die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverbots nicht glaubhaft gemacht worden. Es fehlten aussagekräftige Nachweise. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Versicherte ihr Kind noch stille. Das Attest vom 4. August 2020 belege nur, dass sie stille und dies auch weiterhin beabsichtige. Aus der weiter von der Versicherte vorgelegten eidesstattlichen Versicherung gehe hervor, dass sie nur während der Nacht und gelegentlich tagsüber stille. Das Kind erhalte Beikost und besuche eine Kindertagesstätte. Bei diesem geringen Aufwand sei ein Beschäftigungsverbot nicht nachvollziehbar. Die vorgelegte Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer betreffe nur schwangere Zahnärztinnen. Es sei nicht ausgeführt, inwieweit dies auch auf stillende Zahnärztinnen zutreffe. Der Klä...

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