Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Der am 1982 geborene Kläger war am 16.10.2021 bei der GmbH in Emmerich als Produktionsleiter beschäftigt, als er gegen 3:45 Uhr auf dem Weg zur Arbeit mit seinem PKW die B67 in Kalkar befuhr und auf gerader Strecke bei trockener Fahrbahn von dieser nach links abkam. Auf der Gegenfahrbahn kollidierte er sodann mit dem PKW des Zeugen L.

Gegenüber den am Unfallort eingetroffenen Polizisten gab der Zeuge L. an, der PKW des Klägers sei plötzlich in den Gegenverkehr gefahren und sodann mit ihm kollidiert. Der Zeuge O. gab an, der PKW des Klägers sei ihm bereits vor dem Unfall aufgefallen, da dieser mit hoher Geschwindigkeit auf eine durch eine Lichtzeichenanlage geregelte Kreuzung zugefahren sei. Obwohl die Ampel des Zeugen O. grün gezeigt habe, habe er seinen Wagen vor der Kreuzung angehalten, da er befürchtet habe, dass der von links sehr schnell herannahende PKW des Klägers nicht mehr rechtzeitig vor der Kreuzung zum Stillstand kommen würde. Der Kläger habe jedoch noch rechtzeitig bremsen können, sodass der Zeuge O. die Kreuzung habe passieren können. Im Rückspiegel habe er sodann den PKW des Klägers beobachtet, der plötzlich auf die Gegenfahrbahn gefahren und sodann mit dem PKW des Zeugen L. kollidiert sei.

Der Kläger wurde nach einer Versorgung durch den Rettungsdienst am Unfallort zunächst in das Krankenhaus Kleve und anschließend in das BG Klinikum Duisburg verbracht. Dort wurde er von dem Durchgangsarzt Prof. Dr. D. untersucht, der bei dem nicht ansprechbaren Kläger ein Polytrauma als Folge des Verkehrsunfalls feststellte und eine Femurschaftfraktur links, eine Humerusschaftfraktur links, eine Lazeratinsverletzung von Milz und Leber, ein Schädel-Hirn-Trauma mit axonaler Scherverletzung sowie eine 3 bis 4 mm verschobene Fraktur der rechten CO-Kondyle mit fraglicher Überdistraktion nach kaudal bis hin zum 3. Halswirbelkörper diagnostizierte.

In einem für die Kreispolizei Kleve erstellten Gutachten vom 29.11.2021 legte der Dipl.-Ing.

S. dar, dass an dem PKW des Klägers keine technischen Mängel vorgefunden worden seien, die ein Abkommen von der Fahrbahn nach links erklären bzw. begünstigen. Das Unfallgeschehen sei für den Kläger bei regelmäßiger visueller Überprüfung des Abstands zur Mittellinie und entsprechendem Eingreifen vermeidbar gewesen.

Eine Untersuchung einer noch am Unfalltag um 16:15 Uhr bei dem Kläger entnommenen Blutprobe ergab einen THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol) von 1,9 ng/ml, einen 11-OH-THC-Gehalt (THC-Metabolit 1) von 0,6 ng/ml, einen THC-COOH-Gehalt (THC-Metabolit 2) von 23 ng/ml sowie einen Amphetamin-Gehalt von 37 ng/ml. Entsprechend dem toxikologischen Gutachten vom 03.12.2021 wiesen die durchgeführten Analysen damit einen Konsum von Cannabisprodukten und Amphetamin nach. Die Cannabinoidkonzentrationen sprächen für einen mäßigen/gelegentlichen Konsum von z.B. Marihuana und dafür, dass der Kläger nicht unbedeutend unter der Wirkung von Cannabis stand. Die weiterhin festgestellte Konzentration an Amphetamin weise darauf hin, dass der Kläger auch unter der Wirkung dieses Stimulans stand.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.02.2022 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 16.10.2021 als Arbeitsunfall ab. Der Unfallversicherungsschutz entfalle, wenn eine absolute oder eine relative Fahruntüchtigkeit die rechtlich allein wesentliche Unfallursache gewesen ist. Nach den objektiven und subjektiven Umständen lasse sich vorliegend letztlich ein äußeres Verhalten feststellen, dass eine relative Fahruntüchtigkeit des Klägers erkennen lasse. Aufgrund des Drogenkonsums habe bei dem Kläger zum Unfallzeitpunkt eine relative Fahruntüchtigkeit vorgelegen, die als die rechtlich allein wesentliche Ursache für den stattgehabten Unfall anzusehen sei. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger, hätte er nicht unter Drogeneinfluss gestanden, bei gleicher Verkehrslage nicht verunfallt wäre.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 23.02.2022 Widerspruch. Eine relative Fahruntüchtigkeit des Klägers als alleinige Ursache könne nicht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. So habe der Kläger noch unmittelbar vor dem Unfallereignis Kontakt mit seiner Lebensgefährtin per WhatsApp gehabt und dieser um 3:25 Uhr eine Nachricht geschrieben mit dem Inhalt, dass er sie liebe und eine stressige Woche hinter sich habe. Diese Nachricht zeige deutlich, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Abfassung der Nachricht vollkommen klar und orientiert gewesen sei. Die rein subjektiven Bedenken des Zeugen O., ob der Kläger noch rechtzeitig vor der Kreuzung zum Stehen kommen würde, hätten sich objektiv nicht bestätigt, da der Kläger sehr wohl rechtzeitig vor der Kreuzung zum Stehen gekommen sei. Er habe das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt mithin sicher beherrscht. Das Unfallereignis könne ebenso durch ei...

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