Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Kündigungsfrist der Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung zugunsten einer privaten Krankenversicherung bei Teilnahme an einem Wahltarifprogramm

 

Orientierungssatz

Auch bei einem angestrebten Wechsel von einer gesetzlichen in eine private Krankenversicherung ist das Mitglied bei einer zuvor ausgeübten Wahl eines sog. Wahltarifs (hier: beitragsbegünstigter Tarif mit Selbstbehalt) an eine Mindestdauer des Wahltarifs von drei Jahren gebunden, so dass eine Kündigung erst nach Ablauf dieser Dreijahresfrist erfolgen kann.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger seine Mitgliedschaft bei der Beklagten wirksam zum 30.11.2008 beendet hat.

Der am 28.03.1963 geborene Kläger ist Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer GmbH. Er ist seit Beginn seines Berufslebens freiwilliges Mitglied bei der Beklagten. Seine Ehefrau ist Landesbeamtin, seine beiden Kinder sind bei der Beklagten familienmitversichert.

In den Jahren 2006 und 2007 nahm der Kläger am "Programm TK 240" teil. Dieses Programm sah zum einen einen Bonus für das teilnehmende Mitglied in Höhe von 240,00 EUR im Kalenderjahr und andererseits einen "Selbstbehalt" des Mitglieds in Höhe von 300,00 EUR im Kalenderjahr vor. Die Teilnahmeerklärung wurde dem Kläger jeweils um den Jahreswechsel herum übersandt.

Anfang November 2007 erfolgte ein Telefonat zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Klägers. Der Inhalt dieses Gesprächs ist streitig geblieben. Auf dieses Telefonat hin übersandte die Beklagte dem Kläger unter dem 08.11.2007 eine Teilnahmeerklärung zum "TK-Tarif Selbstbehalt". Bei diesem Tarif handelt es sich um einen Wahltarif im Sinne von § 53 SGB V. In dem Schreiben vom 08.11.2007 heißt es u.a.: "Bisher haben Sie sich mit unserem TK-Programm 240 die Chance auf eine jährliche Prämie gesichert. Mit unseren neuen Selbstbehalttarifen ... ". Der Teilnahmeerklärung, die in ihrer graphischen Gestaltung von den vorherigen Teilnahmeerklärungen abweicht, waren Teilnahmebedingungen mit einem Umfang von drei Seiten beigefügt. Am Ende der ersten Seite dieser Teilnahmebedingungen heißt es unter der Überschrift "Beginn und Ende der Teilnahme" u.a.: "An die Teilnahmeerklärung ist das Mitglied für 3 Jahre gebunden. Die Mitgliedschaft bei der TK kann erst zum Ablauf der gesetzlichen Mindestbindungsfrist von 3 Jahren gekündigt werden (§ 58 Abs. 8 Satz 2 SGB V)". Unter dem 12.12.2007 bestätigte die Beklagte dem Kläger die Teilnahme am Tarif TK-Selbstbehalt.

Mit Schreiben vom 29.09.2008 erklärte der Kläger die Kündigung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 30.11.2008. Im Rahmen eines Telefongesprächs räumte er ausweislich eines Vermerks der Beklagten vom 23.10.2008 dieser gegenüber ein, dass er die Teilnahmebedingungen seinerzeit nicht richtig gelesen habe. Mit Bescheid vom 31.10.2008 lehnte die Beklagte eine Kündigung zum 30.11.2008 ab. Aufgrund der Teilnahme an einem Wahltarif im Sinne von § 53 SGB V sei der Kläger gemäß § 53 Abs. 8 SGB V drei Jahre an die Beklagte gebunden. Hiergegen legte der Kläger am 10.11.2008 Widerspruch ein. Bei einem Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung, wie er ihn erstrebe, könne die dreijährige Frist nicht gelten. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2009 zurück. Aufgrund des eindeutigen Wortlaut von § 53 Abs. 8 Satz 2 SGB V sei eine Kündigung vor Ablauf von drei Jahren nicht möglich.

Hiergegen richtet sich die am 23.01.2009 erhobene Klage.

Der Kläger hat am 26.01.2009 einen Eilantrag gestellt. Ein Wechsel in die private Krankenversicherung sei für ihn erheblich günstiger. Er könne ca. 200,00 EUR monatlich sparen. Mit Beschluss vom 06.02.2009 hat das erkennende Gericht den Eilantrag abgelehnt (S 11 KR 21/09 ER). Einer vorzeitigen Kündigung stehe § 53 Abs. 8 SGB V entgegen. Es sei auch kein Härtefall gegeben. Der Kläger habe durch seine Unterschrift unter die Teilnahmeerklärung bestätigt, dass er die Teilnahmebedingungen erhalten habe. Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er selbst sei nie belehrt worden. Beraten worden sei lediglich seine Ehefrau. Die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung sei für ihn unattraktiv geworden, da zwischenzeitlich der Krankengeldanspruch abgeschafft worden sei. Das Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen hat die Beschwerde mit Beschluss vom 23.04.2009 zurückgewiesen (L 5 B 15/09 KR ER). Eine einschränkende Auslegung von § 53 Abs. 8 Satz 2 SGB V ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Gesetzeszweck. Es sei auch kein Härtefall gegeben. Dieser ergebe sich auch nicht aus dem zwischenzeitlichen Wegfall des Krankengeldanspruchs für freiwillige Mitglieder, da der entsprechende Abschluss von Wahltarifen möglich sei. Ein Aufklärungsmangel scheide schon aufgrund der Unterschrift des Klägers unter die Teilnahmeerklärung und die damit verbundene Erklärung, er habe die Teilnahmebedingungen erhalten,...

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