Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. betriebliche Tätigkeit. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Überbrückung einer Arbeitspause. Trinken. Warten auf Betriebsbereitschaft eines Arbeitsgerätes

 

Orientierungssatz

Geht ein Versicherter während einer Arbeitspause oder einer betrieblich veranlassten Wartezeit einer höchstpersönlichen oder eigenwirtschaftlichen Verrichtung nach (hier: Trinken einer Flasche Bier), so ist er ebenso, wie wenn er dies während der normalen Arbeitszeit tut, nicht versichert, weil er seine versicherte Tätigkeit unterbrochen hat (vgl BSG vom 26.4.2004 - B 2 U 24/03 R = BSGE 93, 279).

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Unfall des Klägers vom 09.01.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Der im Jahre 1964 geborene Kläger ist als geschäftsführender Gesellschafter der F. & K. GmbH und Co. bei der Beklagten versichert. Am 09.01.2012 war er an einem kombinierten Fax- und Kopiergerät tätig, welches im Büroeingangsbereich ca. 1,50 m von der Küchenzeile entfernt stand. Nach Abschluss eines Scan-/Kopiervorgangs nutzte er die die einige Sekunden dauernde Herstellung der Betriebsbereitschaft des Geräts dazu, sich aus dem Kühlschrank eine Flasche alkoholfreies Bier zu holen. Nach Öffnen der Flasche wollte er heraussprudelndes Bier abtrinken und zog sich dabei eine Verletzung im Lippen-/Zahnbereich zu.

Durch Bescheid vom 08.05.2012 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalles ab, weil es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Essen und Trinken seien dem unversicherten persönlichen Bereich zu-zurechnen.

Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2012. Es habe Versicherungsschutz bestanden, weil durch die eigenwirtschaftliche Tätigkeit die versicherte Tätigkeit nur geringfügig unterbrochen worden sei. Er habe sich lediglich vom Kopiergerät weg- und zum Kühlschrank hingedreht, um die Bierflasche zu entnehmen. Er habe somit keine Arbeitspause eingelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nahrungsaufnahme während der Arbeit sei grundsätzlich dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzurechnen. Ausnahmsweise sei auch die Essensaufnahme mitversichert, wenn besondere Umstände eine so enge Beziehung zur betrieblichen Tätigkeit schaffen, dass das Moment der “Eigenwirtschaftlichkeit„ als unwesentlich zurücktrete. Dabei müsse der Arbeitnehmer einer besonderen Betriebsgefahr ausgesetzt sein. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen.

Mit der am 22.04.2013 erhobenen Klage begehrt der Kläger unter Anerkennung eines Arbeitsunfalls Entschädigungsleitungen in Höhe von 1.367.35 Euro. Er habe lediglich nebenbei etwas trinken wollen und habe deshalb in der Betriebspause des Gerätes dem in der Nähe stehenden Kühlschrank eine Flasche alkoholfreies Bier entnommen. Nach dem Öffnen der Flasche habe er mit dem Einscannen von Dokumenten fortfahren wollen. Die Handlungstendenz sei daher weiterhin durch die betriebliche Tätigkeit bestimmt gewesen.

Der Kläger beantragt daher,

den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 09.01.2012 Entschädigungsleistungen in Höhe von 1.367, 35 Euro zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf ihre Ausführungen im angegriffenen Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war ohne dass es weiterer Ermittlungen bedurfte und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies. Die Beteiligten wurden zu dieser Vorgehensweise angehört.

Die Klage ist unzulässig, soweit damit Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung begehrt werden. Über die Gewährung von Sozialleistungen, zu denen auch Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gehören, ist vor Klageerhebung in einem Verwaltungsverfahren zu befinden, das mit einem Verwaltungsakt abschließt. Ein solcher Verwaltungsakt ist bezüglich denkbarer Leistungen wie Heilbehandlung nicht ergangen. Der Verfügungssatz des Bescheids vom 08.05.2012 enthält zwar die Aussage, dass Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 09.01.2012 abgelehnt würden. Der Verfügungssatz mag insofern für sich genommen, missverständlich sein. Aus der anschließenden Begründung wie auch aus den Begleitumständen und dem Ablauf des Verwaltungsverfahrens ergibt sich jedoch, dass damit nicht über konkrete Leistungsansprüche entschieden werden sollte. Die Formulierung s...

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