Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Kostenübernahme für einen Integrationshelfer für die Randstunden- und Hausaufgabenbetreuung außerhalb des regulären Schulbesuchs durch den Sozialhilfeträger

 

Orientierungssatz

1. Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe für einen behinderten Menschen gehören nach § 54 Abs. 1 SGB 12 u. a. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu.

2. Bei den Kosten für einen Integrationshelfer für die Nachmittagsstunden einer Grundschule handelt es sich um Hilfe für eine angemessene Schulbildung i. S. des § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB 12.

3. Die Nachmittagsbetreuung in der Sekundarstufe 1 an einer Hauptschule stellt ein Element des modernen Schulunterrichts dar und ermöglicht damit einem behinderten Menschen, seinen optimalen Platz in der Gemeinschaft zu finden. Hilfen zur angemessenen Schulbildung werden einkommens- und vermögensunabhängig gewährt.

4. Die Regelung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB 12 umfasst nicht nur den Pflichtunterricht in der Schule. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Eingliederungshilfe in Form des Integrationshelfers für den Ganztag ergibt sich daraus, dass der behinderte Schüler auf diese Weise seine Rechte, die Schule mit ihren vollständigen Angeboten zu besuchen, ausüben kann.

 

Tenor

Der Bescheid vom 21.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2012 wird abgeändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung durch Übernahme der angefallenen Kosten des Integrationshelfers im Zeitraum vom 27.09.2011 bis 22.12.2011 auch für die Stunden, da der Kläger an der Mittags- und Nachmittagsbetreuung in der Schule teilgenommen hat, zu gewähren.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form eines Integrationshelfers auch für den Zeitraum der Nachmittagsbetreuung über den Pflichtunterricht am Vormittag hinaus im Rahmen des Schulbesuchs einer Hauptschule in der Sekundarstufe 1.

Der am 00.00.1998 geborene, schwerbehinderte Kläger leidet bei Zustand nach extremer Frühgeburt seit seiner Geburt an einer spastischen Cerebralparese mit spastischen Diplegien und Innenrotationsgangbild, sowie sensomotorischen Entwicklungsstörungen, Koordinationsstörungen, Sehstörungen und bronchopulmonaler Dysplasie (BPD) nach Langzeitbeatmung. Die Beine des Klägers waren verdreht und wurden im Juli 2011 im Wege einer Derotations-OP am linken Bein im orthopädischen Zentrum B korrigiert. Danach bestand eine starke Einschränkung der Mobilität. Der Kläger besucht die Q-L-Schule, eine Hauptschule in I. Dort wird in Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Gütersloh eine Mittags- und Hausaufgabenbetreuung angeboten, an der auch der Kläger teilnimmt.

Am 01.09.2011 beantragte der Kläger durch seine Eltern die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung eines Integrationshelfers. Seit der Operation sei das linke Bein geschient und dadurch bis zur Hüfte fixiert. Er könne nicht auf Krücken gehen, da ihm die Koordination und das nötige Gleichgewicht fehlten. Dies begründe sich in der nicht korrekten Stellung des verbleibenden rechten Beines. Dieser Zustand bestehe mindestens für die nächsten drei Monate. Zum Nachweis legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des örtlichen Kinder- und Jugendmediziners Dr. L1 vor.

Mit Bescheid vom 20.02.2012 übernahm der Beklagte zunächst die Kosten des Integrationshelfers für die Vormittagsstunden, in denen der schulpflichtige Unterricht stattfindet. Auf den Bescheid vom 20.02.2012 wird Bezug genommen.

Mit weiterem Bescheid vom 21.02.2012 lehnte der Beklagte die Übernahme der angefallenen Kosten des Integrationshelfers für die Nachmittagsstunden nach Ende der Schulpflicht ab. Der Kläger habe den Integrationshelfer ohnehin nur für einen Zeitraum von drei Monaten, mithin weniger als sechs Monate, benötigt. Die Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag in der Schule stelle keinen schulpflichtigen Unterricht dar. Es handle sich bei den Kosten des Integrationshelfers insoweit nicht um eine Hilfe zur angemessenen Schulausbildung. Es handle sich nicht um Teilnahme am Unterricht im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten müsse der Kläger daher direkt mit dem Leistungsanbieter abrechnen. Auf den Bescheid vom 21.02.2012 wird für die Einzelheiten Bezug genommen.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Mutter des Klägers wies darauf hin, dass sie bei den Vorgesprächen mitgeteilt habe, dass ihr Sohn gegen 15 Uhr abgeholt werde. Eine Rückfrage, wie sich die Zeit vom Schulbeginn bis zur Abholung aufteile, habe es damals nicht gegeben. Durch die Operation seien der Familie ohnehin zusätzliche größere Kosten entstanden, die die Haushaltskasse außergewöhnlich belasten. Selbst wenn sie wollten, sähen sie sich nicht in de...

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