Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld: Gewährung von Elterngeld für Pflegeeltern bei auf Dauer angelegter Pflegschaft

 

Orientierungssatz

1. Eine Gewährung von Elterngeld kommt für ein Pflegekind im Rahmen einer Pflegschaft auch dann nicht in Betracht, wenn diese auf Dauer vorgesehen ist, es sei denn, die Pflege ist als Adoptionspflege angelegt. Dabei ist erst dann von einer Adoptionspflege auszugehen, wenn tatsächlich eine auf die Adoptionsbewerbung ausgerichtete Willenserklärung der Pflegeeltern gegeben ist.

2. Die Beschränkung der Elterngeldgewährung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BEEG im Falle der Pflegschaft auf Adoptionspflegeverhältnisse ist nicht verfassungswidrig.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Elterngeld für seine am 00.00.2010 geborene Pflegetochter.

Seinem Antrag auf Elterngeld fügte er eine Bescheinigung des Sozialdienstes L e.V. im Kreis X (Pflegekinderdienst, Fachberatung für Westfälische Pflegefamilien) vom 20.01.2010 bei. Es wird bestätigt, dass das Kind als Pflegekind gemäß § 33 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) am 06.01.2010 in die Familie aufgenommen wurde. Es handele sich um eine Inkognito-Pflege. Das Pflegeverhältnis werde im Auftrag des Jugendamtes vom Pflegekinderdienst beraterisch inhaltlich und fachlich begleitet. Das Pflegeverhältnis sei auf Dauer angelegt.

Der Beklagte übersandte dem Kläger einen Vordruck, in dem dieser vom Jugendamt die Adoptionspflege bestätigen lassen sollte. In dem vom Pflegekinderdienst ausgefüllten Vordruck ist das Wort Adoptionspflege gestrichen und durch Vollzeitpflege ersetzt worden. Der Kläger teilte dem Beklagten unter dem 29.04.2010 mit, seine Ansprechpartnerin vom Kinderpflegedienst beabsichtige, in diesen Tagen mit dem Fachteam des zuständigen Jugendamtes zu sprechen zwecks Initiierung einer Adoptionspflege für die Pflegetochter. Der Sozialdienst L unterstütze derzeit alle Bemühungen in Richtung Umwandlung des Pflegeverhältnisses.

Mit Bescheid vom 03.05.2010 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Elterngeld ab. Zur Begründung ist ausgeführt, einen Anspruch auf Elterngeld habe auch, wer u.a. ein Kind mit dem Ziel der Annahme als Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Das Kind befinde sich nicht in der Adoptionspflege des Klägers.

Hiergegen erhob der Kläger am 17.05.2010 Widerspruch. Er machte geltend, das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) schließe Familien mit Kindern in Dauerpflege nicht vom Bezug von Elterngeld aus. Eher verfolge der Gesetzgeber mit der Formulierung "Ziel der Annahme" eine Abgrenzung zur Bereitschafts- und Kurzzeitpflege. Anderenfalls wäre eine deutliche Formulierung zur Ausgrenzung von Kindern in Dauerpflege, bei denen eine zukünftige Adoption gewünscht sei, gewählt worden. Das Gesetz sehe einen Anspruch auf Elterngeld auch für im Rechtssinne (noch) nicht mit dem Kind verwandte Personen vor. Eine rechtlich verfestigte Familienbeziehung könne auch durch ein auf Dauer durch ein Jugendamt angelegtes Pflegeverhältnis begründet sein, zumal wenn das Ziel einer Annahme verfolgt werde. Pflegekinder würden auch in anderen Gesetzen der Familie zugeordnet. Bei seiner Pflegetochter liege das Ziel der Annahme vor. Bereits vor der Aufnahme der Pflegetochter hätten das zuständige Jugendamt und der Kinderpflegedienst festgestellt, dass eine Aufnahme des Kindes in die Herkunftsfamilie und eine mögliche spätere "Rück"-Führung seitens aller beteiligten Behörden und Instanzen auszuschließen sei und das Kind in seiner Familie bleiben solle. Entsprechend dem ersten Hilfeplanprotokoll sei das Kind gut in der Familie integriert. Gespräche zu einer Überführung in Adoptionspflege fänden statt. Aufgrund seiner Einkommensverluste lebe seine 4-köpfige Familie derzeit von einem Nettoerwerbseinkommen von 700,00 EUR seiner Ehefrau. Das Pflegegeld solle ausdrücklich nicht der Existenzsicherung der Familie dienen. Familien, die Kinder aufgenommen hätten, lebten als öffentliche Familie und seien mit gesellschaftlichen Aufgaben betraut worden. Diese gingen weit über die Anforderungen hinaus, denen sich Eltern mit leiblichen Kindern stellen müssten.

Mit Schreiben vom 18.05.2010 wies der Beklagte darauf hin, dass das Gesetz an die tatsächliche Haushaltsaufnahme mit dem Ziel der rechtlichen Verfestigung dieser Beziehung im Wege der Annahme als Kind gemäß §§ 1741 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anknüpfe. Der Beginn der Adoptionspflege sei durch eine Bestätigung des Jugendamtes nachzuweisen. Werde die Annahme als Kind abgelehnt, entfalle der Anspruch nur für die Zukunft. Es sei lediglich eine Bestätigung bezüglich der Vollzeitpflege eingesandt worden. Vollzeitpflege begründe keinen Anspruch auf Elterngeld.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch unter Bezugnahme auf das aufklärende Schreiben vom 18.05.2010 zurück.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weite...

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