Orientierungssatz

1. Die bloße Hinnahme einer rechtswidrigen Arbeitgeberkündigung führt zu keiner Sperrzeit. Erfolgt aber zum Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung zum Zwecke der Absicherung dieser Kündigung eine Abwicklungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich von einer Lösung des Beschäftigungsverhältnisses iS des Sperrzeitrechts auszugehen (vgl BSG vom 18.12.2003 - B 11 AL 35/03 R = BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr 6).

2. Nach § 144 Abs 3 S 2 Nr 2 Buchst b SGB 3 ist die Sperrzeit aufgrund einer besonderen Härte jedoch auf 6 Wochen zu verkürzen, wenn der Arbeitnehmer gegen eine erste rechtswidrige Kündigung des Arbeitgebers Kündigungsschutzklage erhoben hat, die Kündigung in diesem Verfahren zurückgenommen wurde und der Abwicklungsvertrag erst nach Erhalt einer weiteren Kündigung außergerichtlich abgeschlossen wurde.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld vom 1. Februar 2005 bis 25. April 2005 bzw. um das Ruhen des Anspruchs für diesen Zeitraum sowie die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage wegen des Eintritts einer 12-wöchigen Sperrzeit nach Arbeitsaufgabe bei zunächst erfolgter rechtswidriger Arbeitgeberkündigung und deren Rücknahme im Arbeitsgerichtsprozess sowie anschließendem Abschluss eines außergerichtlichen Abwicklungsvertrages mit der Beendigung zum selben Zeitpunkt bei Zahlung einer Abfindung und hierbei insbesondere um das Vorliegen zumindest einer besonderen Härte.

Der am 21. August 1973 geborene Kläger stand ab 2. April 2002 in einer Beschäftigung als Fahrausweiskontrolleur. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis am 10. Dezember 2004 aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Januar 2005. In dem anschließenden Kündigungsrechtsstreit nahm der Arbeitgeber in der Güteverhandlung des Arbeitsgerichts Berlin – – vom die Kündigung vom 10. Dezember 2004 zurück und erklärte, aus dieser keinerlei Rechte herzuleiten. Am 31. Januar 2005 kam es mit dem Arbeitgeber zu einem Personalgespräch, welches zu einem Schreiben vom 31. Januar 2005 führte, in welchem der Arbeitgeber an der betriebsbedingten Kündigung zum 31. Januar 2005 festhielt und den Kläger ab dem 1. Februar 2005 nicht mehr in dem Unternehmen beschäftigen wollte. Daneben schloss der Arbeitgeber mit dem Kläger ebenfalls am 31. Januar 2005 eine außergerichtliche Abwicklungsvereinbarung, wonach der Kläger eine Abfindung von 4.000,- EUR erhielt und auf eine Klageerhebung auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verzichtete.

Auf die Arbeitslosmeldung vom 16. Dezember 2004 mit Wirkung zum 1. Februar 2005 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2005 eine 12-wöchige Sperrzeit vom 1. Februar 2005 bis 25. April 2005 sowie die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage – ein Viertel der Anspruchsdauer – fest und bewilligte mit Bescheid vom 2. März 2005 Arbeitslosengeld ab 26. April 2005. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte nach Kenntnisnahme von der Abwicklungsvereinbarung mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2005 zurück.

Mit der am 30. Juni 2005 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Gewährung von Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1. Februar 2005 bis 25. April 2005 ohne Minderung der Anspruchsdauer weiter. Er trägt vor, eine Sperrzeit sei nicht eingetreten, da das Arbeitsverhältnis ohne die Kündigungsschutzklage und den Abwicklungsvertrag aufgrund der rechtswidrigen Kündigung des Arbeitgebers vom 10. Dezember 2004 zum 31. Januar 2005 betriebsbedingt geendet hätte. Schließlich habe der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis erneut durch die Kündigung vom 31. Januar 2005 fristlos beendet. Er habe ihm hierbei ein Mobbing angedroht, wenn er nicht auf eine Klageerhebung gegen diese Kündigung verzichte. Zumindest liege eine besondere Härte vor.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Agentur für Arbeit Müllerstraße vom 1. März 2005 und unter Abänderung des Bescheides vom 2. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Agentur für Arbeit Berlin Mitte vom 16. Juni 2005 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch vom 1. Februar 2005 bis 25. April 2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide aus den Gründen des Vorverfahrens für rechtmäßig. Nach ihrer Auffassung ist allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Danach hat der Arbeitgeber seine Kündigung vom 10. Dezember 2004 in der arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung zurückgenommen. An der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe anschließend der Kläger mitgewirkt, indem er am 31. Januar 2005 einen Abwicklungsvertrag geschlossen habe. Bei diesem seien die Kündigung des Arbeitgebers und die Abwicklungsvereinbarung als Einheit anzusehen. Einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger nicht, da ein Mobbing nicht nachgewiesen sei.

Die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten – KuNr.: – hat der Kammer vorgelegen und ist Gegenstand d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen