Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung der Studenten. Ende der Versicherungspflicht bei zeitversetztem Beginn der Studienfächer eines Magisterstudienganges

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Beendigung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten bei zeitversetztem Beginn der Studienfächer eines Magisterstudienganges (§§ 5 Abs 1 Nr 9, 190 Abs 9 SGB 5).

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 28.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2011 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin bis zum 30.04.2011 als Studentin in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert war.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS).

Die im … 1981 geborene Klägerin ist seit 2007 Mitglied der Beklagten. Ab 01.10.2003 begann sie ein Magister-Studium an der … Universität B…, dem sie auch gegenwärtig nachgeht. Während sie die Zulassung zu ihrem Hauptfach Nordamerikastudien bereits zum Oktober 2003 erhielt, erlangte sie für die Nebenfächer Kunstgeschichte und Religionswissenschaften die Zulassung aufgrund des für diese bestehenden Numerus Clausus erst ein Semester später, nämlich zum April 2004. Das 14. Fachsemester endete dementsprechend für das Hauptfach am 30.09.2010, für die beiden Nebenfächer am 31.03.2011. Die Klägerin hatte sich für jedes Studienfach gesondert zu bewerben. Jedes Fach endet mit einer von den weiteren Fächern unabhängigen Prüfung.

Mit Bescheid vom 28.09.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Mitgliedschaft in der KVdS mit der Vollendung des 14. Fachsemesters am 30.09.2010 ende.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2011 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe am 30.09.2010 das 14. Fachsemester beendet. Zwar regele § 190 Abs. 9 SGB V grundsätzlich, dass die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten einen Monat nach Ablauf des Semesters ende, für das er sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet habe. Gemäß Punkt 6.2.1 des gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Krankenkassen gelte die Vorschrift aber nicht, wenn die studentische Kranken- und Pflegeversicherung wegen Vollendung des 14. Fachsemesters ende; eine Weiterversicherung in der Krankenversicherung der Studenten sei somit nicht möglich.

Am 28.02.2011 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Sie macht geltend, sie habe einen Anspruch auf Mitgliedschaft in der KVdS bis zum 30.04.2011. Bezugspunkt der Höchstdauer der studentischen Krankenversicherung sei das Studium im Ganzen; dieses lasse sich im Magisterstudiengang nicht teilen; Der Magisterstudiengang könne nicht nur mit dem Hauptfach abgeschlossen werden; maßgeblich sei deshalb der Zeitpunkt, in welchem das gesamte Studium im 14. Fachsemester beendet werde. Der Status der Klägerin als Studentin habe damit erst am 30.04.2011 geendet. Das gemeinsame Rundschreiben der Krankenkassen, auf das sich die Beklagte berufe, verstoße offensichtlich gegen den eindeutigen Wortlaut des § 190 Abs. 9 SGB V.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin bis zum 30.04.2011 als Studentin in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert war.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie darauf, dass maßgeblich sein müsse, wann das 14. Fachsemester im Hauptfach erreicht werde. Andernfalls könne eine Studentin durch das Belegen von Nebenfächern die Zahl der Fachsemester weit über 14 erhöhen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig und begründet (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Der Bescheid der Beklagten vom 28.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn diese war bis einschließlich 30.04.2011 Mitglied der KVdS.

Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, grundsätzlich nur bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres als Studenten pflichtversichert. Danach besteht Versicherungspflicht nur dann, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen. Der Vorschrift liegt der “Normalfall„ zugrunde, dass ein Studium zu einem bestimmten, einheitlichen Zeitpunkt - vollständig - aufgenommen wird. Eine ausdrückliche Regelung des Falls der Klägerin, dass das Studium der Nebenfächer eines Magister-Studiums aufgrund zunächst nicht erfolgter Zulassung nicht zeitgl...

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