Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsförderungsrecht. Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer. Nettoentgeltdifferenz bei vorherigem Bezug von Arbeitslosengeld. abweichende Arbeitszeiten von Beschäftigungen vor und nach einer Arbeitslosigkeit. § 421j Abs 4 SGB 3 nur für Modifikation der Leistungshöhe nicht für die Berechnung der Nettoentgeltdifferenz

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im Falle einer abweichenden Arbeitszeit nach § 421j Abs 4 SGB 3 aF ist für die Ermittlung der Nettoentgeltdifferenz bei einem vorherigen Bezug von Arbeitslosengeld auf das ungekürzte Leistungsentgelt im Sinne von § 133 SGB 3 aF zurückzugreifen. Die Regelung in § 421j Abs 4 SGB 3 aF hat lediglich zur Folge, dass nach Bejahung eines Leistungsanspruchs die Höhe der Leistungen nach § 421j Abs 3 SGB 3 aF entsprechend dem Verhältnis der abweichenden Arbeitszeiten modifiziert wird.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2011 verurteilt, dem Kläger Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer in gesetzlicher Höhe ab dem 01.11.2010 zu bewilligen.

2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Der 1954 geborene Kläger war bis zum 31.07.2010 als Kraftfahrer bei der Fa. R… D… gGmbH tätig. Sein Lohn betrug brutto 1.250,00 EUR (944,60 EUR netto), wobei er eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden hatte. Für die Zeit ab dem 01.08.2010 wurde ihm von der Beklagten Arbeitslosengeld ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt von 41,17 EUR und einem täglichen Leistungsentgelt 30,86 EUR (mtl. Zahlbetrag 555,60 EUR) bewilligt. Der Kläger nahm zum 01.11.2010 eine Tätigkeit als Kraftfahrer bei der Fa. H..G... auf. Bei einer Arbeitszeit von 32 Wochenstunden wurde im Arbeitsvertrag ein Monatslohn in Höhe von 1.028,50 EUR brutto vereinbart, was zunächst dem Betrag von 800,00 EUR netto entsprach.

Am 26.10.2010 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.11.2010 mit der Begründung ab, dass die Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, nach dem das Arbeitslosengeld bemessen ist, und dem niedrigeren pauschalierten Nettoentgelt der neuen Beschäftigung weniger als 50,00 EUR im Monat betrage. Ausweislich der Anlage zum Bescheid setzte sie für das tägliche pauschalierte Nettoentgelt im Rahmen der Bemessung des Arbeitslosengeldes den Betrag von 25,60 EUR und als tägliches pauschaliertes Nettoentgelt der neuen Beschäftigung den Betrag von 26,48 EUR an, so dass sich danach eine negative monatliche Nettoentgeltdifferenz von 0,88 EUR (= 25,60 € - 26,48 €) ergab.

Der Kläger legte gegen den Ablehnungsbescheid mit Schreiben vom 27.12.2010 Widerspruch ein. Er wandte ein, dass er bei seinem letzten Arbeitgeber einen Bruttolohn von 1.250,00 EUR gehabt und jetzt einen Bruttolohn 1.028,50 EUR habe. Netto seien dies bei dem letzten Arbeitgeber 944,60 EUR gewesen und bei dem jetzigen Arbeitgeber 800,00 EUR. Brutto ergebe sich eine Differenz von 221,50 EUR und netto eine solche von 144,60 EUR.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.01.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung stützte sie sich auf die Berechnung im Ablehnungsbescheid. Ergänzend führte sie aus: Da unterschiedliche Arbeitszeiten vorlägen, sei das Verhältnis der Arbeitszeiten auf die Höhe der Leistungen anzuwenden. Hierzu sei die Arbeitszeit der neuen Beschäftigung mit der Arbeitszeit, die für das Arbeitslosengeld maßgebend gewesen sei, nach folgender Formel ins Verhältnis zu setzen:

41,17 € Arbeitslosengeld-Bemessungsentgelt x 32 Stunden Arbeitszeit der neuen Beschäftigung : 40 Stunden Arbeitslosengeld-Arbeitszeit = 32,94 € Arbeitslosengeld-Bemessungsentgelt.

Aus dem täglichen Bemessungsentgelt von 32,94 EUR ergebe sich ein tägliches Nettoentgelt von 25,60 EUR, das für die Ermittlung der Nettoentgeltdifferenz anzusetzen sei. Demgegenüber stehe ein tägliches Nettoentgelt von 26,48 EUR aus der neu aufgenommenen Beschäftigung. Hieraus ergebe sich keine wöchentliche Nettoentgeltdifferenz, da das neue Arbeitsentgelt höher ist als das der vorherigen Beschäftigung unter Anpassung auf eine Wochenarbeitszeit von 32 Stunden.

Der Kläger hat am 27. Januar 2011 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Er führt zur Klagebegründung im Wesentlichen an:

Er habe Anspruch auf Entgeltsicherung. Die Beklagte gehe von falschen Angaben aus. Seine neue wöchentliche Arbeitszeit betrage mindestens 40 Stunden und nicht 32 Stunden. Aus dem Vergleich seines vorherigen Nettoeinkommens von 944,60 € zu dem jetzigen Nettoeinkommen von 800,00 € ergebe sich eine monatliche Lohndifferenz von 144,60 €.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.11.2010 in der Gestal...

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