Entscheidungsstichwort (Thema)

Festbetragsfestsetzungen. Streitgegenstand. Klagebefugnis von Leistungserbringern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Einbeziehung neuer Festbetragsfestsetzungen gem § 96 Abs 1 SGG.

2. Zur Klagebefugnis von Handwerksinnungen bei der Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel durch die Spitzenverbände der Krankenkassen (Anschluss an BSG vom 24.11.2004 - B 3 KR 16/03 R = SozR 4-2500 § 36 Nr 1).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.11.2012; Aktenzeichen B 3 KR 19/11 R)

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen bundesweit festgesetzte Festbeträge für bestimmte Hilfsmittel.

Der Kläger zu 1) nimmt als juristische Person des privaten Rechts die Interessen des Orthopädie-Mechaniker-Handwerks und des Bandagisten-Handwerks auf Bundesebene wahr. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört es u. a., die angeschlossenen Landesinnungsverbände und Handwerksinnungen zu unterstützen. Die Klägerinnen zu 2) bis 6) sind die im Lande Nordrhein-Westfalen bestehenden fünf Innungen für Orthopädie-Technik.

Am 1. Dezember 2004 beschlossen die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen mit Wirkung ab 1. Januar 2005 die Festsetzung von bundesweiten Festbeträgen u. a. für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel. Auf die Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 235a vom 10. Dezember 2004, S. 1 bis 27 wird verwiesen.

Hiergegen haben die Kläger am 10. Januar 2005 Klage erhoben. Sie tragen vor: Die Klage sei zulässig. Die Kläger seien insbesondere klagebefugt. Die Festbetragsfestsetzungen verletzten die zugelassenen Sanitätshäuser, deren Rechte die Kläger in Prozessstandschaft wahrnähmen, in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz. Die angegriffenen Verfügungen seien materiell rechtswidrig. Denn es würden nicht nur Erstattungsobergrenzen im Verhältnis zu den Versicherten festgesetzt, sondern gesetzeswidrig Abgabepreise geregelt und Vertragsbedingungen festgeschrieben. Auf die weiteren Ausführungen in der Klageschrift vom 7. Januar 2005 sowie in den klägerischen Schriftsätzen vom 14. Februar 2006 und 23. Juli 2007 wird verwiesen.

Die Beklagten haben durch Beschlüsse vom 11. Mai 2006 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20. Juni 2006, Nr. 112; berichtigt im Bundesanzeiger vom 4. Juli 2006, Nr. 122) mit Wirkung ab 1. Juli 2006 (höhere) Festbeträge für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Einlagen festgesetzt. Die von den Klägern hiergegen beim Sozialgericht (SG) Berlin erhobene Klage ist unter S …. anhängig. Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 haben die Beklagten die Festbeträge für Einlagen, Hörhilfen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie, Sehhilfen und für Stomaartikel neu festgesetzt (Beschluss vom 23. Oktober 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 216a vom 17. November 2006). Diesbezüglich ist beim SG Berlin ein Klageverfahren unter S …. anhängig. Weil die am 1. Dezember 2004 beschlossenen Festbeträge mittlerweile nicht mehr gelten, gehen die Kläger davon aus, dass sich die hiesige Hauptsache erledigt hat.

Sie beantragen nunmehr,

festzustellen, dass die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 235a vom 10. Dezember 2004, rechtswidrig waren.

Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,

die Klagen abzuweisen.

Sie halten die Klagen wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig.

Die übrigen Beklagten haben sich schriftsätzlich den Ausführungen des federführenden Beklagten zu 2) angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte. Vorgelegen haben außerdem die Verwaltungsakten des Beklagten zu 2), bestehend aus 21 Bänden Aktenordnern.

 

Entscheidungsgründe

Die Klagen sind unzulässig. Die Kläger zu 1) bis 6) sowie die vom Kläger zu 1) vertretenen Landesinnungen bzw. Innungen und Mitgliedsbetriebe und die von den Klägerinnen zu 2) bis 6) vertretenen Leistungserbringer sind durch die angegriffenen Festbetragsfestsetzungen nicht in eigenen Rechten betroffen. Für die ursprünglichen Anfechtungsklagen fehlte es damit an der erforderlichen Klagebefugnis. Mithin sind auch die nunmehr anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklagen unzulässig.

Gegenstand des Verfahrens sind nur die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004. Hierbei handelt es sich um Allgemeinverfügungen nach § 31 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Die Festbetragsfestsetzungen vom 11. Mai 2006 für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Einlagen sind nicht gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden. Das gleiche gilt für die Festsetzungen durch Beschluss vom 23. Oktober 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 216a vom 17. November 2006. Dahinstehen kann, ob die Einbeziehung s...

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