Entscheidungsstichwort (Thema)

Erziehungsgeldanspruch. Mehrlingsgeburt. Entstehung und Berechnung. einheitlicher Anspruch. mehrere eigenständige Ansprüche

 

Orientierungssatz

1. Zur Entstehung und Berechnung des Erziehungsgeldanspruchs bei einer Mehrlingsgeburt.

2. Nach Auffassung der Kammer besteht bei einer Mehrlingsgeburt ein einheitlicher Anspruch auf Erziehungsgeld, dessen Höhe sich nach der Zahl der geborenen Kinder richtet.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.03.2006; Aktenzeichen B 10 EG 5/05 R)

 

Tenor

Der Beklagte wird unter entsprechender Abänderung der beiden Bescheide vom 30.08.2004 in der Fassung der beiden Widerspruchsbescheide vom 05.10.2004 verurteilt, der Klägerin Erziehungsgeld für den 7. bis 12. Lebensmonat der am ...2004 geborenen Zwillinge O und M G in Höhe von monatlich 233,00 EUR, insgesamt 1398,00 EUR zu zahlen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erziehungsgeld für den 7. bis 12. Lebensmonat ihrer Zwillinge N und L in Höhe von 233,00 € monatlich, insgesamt 1398,00 € hat.

Die 1978 geborene Klägerin ist verheiratet. Seit der Geburt ihrer Zwillinge N und L 2004 ist sie nicht erwerbstätig. Sie erhielt anlässlich der Geburt der Zwillinge vom ... 08. bis ... 12.2004 nachgeburtliches Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € je Kalendertag. Der Ehemann der Klägerin hatte im Jahre 2003 Bruttoeinkünfte aus nicht selbständiger Arbeit in Höhe von 39.053,00 € und Werbungskosten in Höhe von 3.932,00 €.

Am 18.08.2004 beantragte die Klägerin Erziehungsgeld in Höhe des Regelbetrags - monatlich 300,00 € - für den 1. bis 12. Lebensmonat der Zwillinge.

Durch Bescheid vom 30.08.2004 bewilligte der Beklagte Erziehungsgeld in Höhe von 560,00 € für den 1. bis 6. Lebensmonat des Kindes N, und zwar unter Anrechnung des bis 06.12.2004 bezogenen Mutterschaftsgeldes in Höhe von 10,00 € je Kalendertag (Gesamtanrechnungsbetrag: 1240,00 €). Für den 7. bis 12. Lebensmonat lehnte der Beklagte Erziehungsgeld für N ab mit der Begründung, die maßgebliche Einkommensgrenze sei überschritten.

Mit weiterem Bescheid vom 30.08.2004 bewilligte der Beklagte Erziehungsgeld für den 1. bis 6. Lebensmonat des Kindes L in Höhe von 1800,00 € ohne Anrechnung des bis 06.12.2004 bezogenen Mutterschaftsgeldes. Erziehungsgeld für den 7. bis 12. Lebensmonat von L lehnte er ebenfalls ab mit der Begründung, die maßgebliche Einkommensgrenze sei überschritten.

In beiden Bescheiden hatte der Beklagte den Erziehungsgeldanspruch für den 7. bis 12. Lebensmonat der Zwillinge jeweils - für jedes der Kinder gesondert - wie folgt ermittelt:

A. Berechnung der Einkommensgrenze

Grundbetrag

16.500,00 €

Erhöhung für ein Kind

+ 3.140,00 €

maßgebliche Einkommensgrenze

19.640,00 €

B. Berechnung des anzurechnenden Einkommens

Bruttoentgelt

39.053,00 €

abzüglich Werbungskosten

- 3.932,00 €

35.121,00 €

Pauschalabzug 24 %

- 8.429,04 €

anzurechnendes Einkommen

26.691,96 €

C. Berechnung des Erziehungsgeldes

Einkommensgrenze (Abschnitt A)

19.640,00 €

zu berücksichtigendes jährliches Einkommen (Abschnitt B)

26.691,96 €

übersteigendes Einkommen jährlich

7.051,96 €

davon 5,2 %

366,70 €

ungekürztes Erziehungsgeld

300,00 €

abzüglich

- 366,70 €

Betrag

0,00 €

Gegen die beiden Bescheide legte die Klägerin am 03.09.2004 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, das zu berücksichtigende Jahreseinkommen dürfe bei Zwillingen nur einmal zu Grunde gelegt werden; bei der Berechnung sei in der Spalte "ungekürztes Erziehungsgeld" der Betrag von 600,00 € für beide Kinder zusammen einzusetzen; ziehe man hiervon den Betrag von 366,70 € ab, ergebe sich ein monatlicher Betrag von 233,30 €.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch zwei Widerspruchsbescheide vom 05.10.2004 zurück: Da die Zwillinge ... 2004 geboren seien, sei nicht nur das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) in der ab 01.01.2004 gültigen Fassung, sondern auch die für diese Fassung gültigen Richtlinien zu beachten. Nach Ziffer 5.4.3 dieser Richtlinien bestünden bei Mehrlingen gleichzeitig mehrere eigenständige Ansprüche auf Erziehungsgeld. Weiter führte der Beklagte aus: "Die Gesetzesänderung war gerechtfertigt, da Erziehungsgeld nicht die durch Geburt und Betreuung des Kindes entstandenen finanziellen Folgen auffangen soll, sondern auch eine ideelle Funktion hat. Die Novellierung bedeutet auch keine Härte i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 4 BErzGG. Der Gesetzgeber hat die Einsparungen gewollt und bewusst "einkalkuliert"."

Dagegen hat die Klägerin am 04.11.2004 Klage erhoben. Sie weist darauf hin, dass das BErzGG zwar ab dem 01.01.2004 eine Novellierung erfahren habe, jedoch nicht im Hinblick auf Mehrlingsgeburten. Sie ist der Auffassung, dass die von dem Beklagten erwähnten Richtlinien einer materiell-rechtlichen Grundlage entbehrten. Nach wie vor sei für Mehrlinge ein einheitlicher Anspruch gegeben, so dass für die Zwillinge ein Erziehungsgeldbetrag in Höhe von 600,00 € anzusetzen sei. Würde man die Auffassun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen