Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung des krankenversicherungspflichtigen Rentners an die getroffene Statusentscheidung unabhängig von der Rentenart

 

Orientierungssatz

1. Die zu Beginn eines Rentenbezugs eintretende Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner begründet einen dauerhaften Status zum System der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Zugehörigkeit entfällt nicht bei fortdauerndem Rentenbezug beim Übergang von der einen zur anderen Rentenart.

2. Mit der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 2 S. 1 SGB 5 wird auf Dauer der Ausschluss vom System der gesetzlichen Krankenversicherung gewählt. Dem Sinn dieser Statusentscheidung widerspräche es, trotz fortlaufenden Rentenbezugs nur wegen der Änderung der Rentenart eine neue Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen und einen erneuten Statuswechsel zuzulassen (BSG Urteil vom 24. 6. 2008, B 12 KR 28/07 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.09.2019; Aktenzeichen B 12 KR 45/19 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 4. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht der Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).

Die am ...1948 geborene Klägerin war zunächst aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und seit 1. Mai 2004 als Bezieherin einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Nach Ablauf des 65. Lebensjahres wurde die Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2013 in eine Regelaltersrente umgewandelt. Am 6. Dezember 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR. Sie legte eine Mitgliedschaftsbescheinigung der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) vom 3. Dezember 2013 vor, wonach ihr Ehemann seit 1. November 1972 dort versichert ist und die Klägerin als mitversicherte Angehörige geführt wird. Die Postbeamtenkrankenkasse bestätigte, dass die Mitversicherung in der Grundversicherung ruht. Es bestehe kein Leistungsanspruch. Der Ruhensbeitrag betrage 23,80 EUR. Die ruhende Mitversicherung der Klägerin lebe zum 1. Januar 2014 auf, wenn die Befreiung aus der KVdR und eine entsprechende Endbescheinigung der gesetzlichen Krankenkasse vorgelegt werde. Das Mitglied erhalte für sich und seine mitversicherten Angehörigen die in der Satzung der PBeaKK festgesetzten Leistungen, die der Art nach denen der gesetzlichen Krankenversicherung mit Ausnahme von Krankengeld entsprächen.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht als Rentnerin ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Der Antrag auf Befreiung sei gemäß § 8 Abs. 2 SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen, wenn eine Rente beantragt worden sei oder ein Rentenbezug eintrete. Weitere Voraussetzung sei, dass zuvor kein anderweitiger versicherungspflichtiger Tatbestand vorgelegen und es sich hierbei also nicht lediglich um einen Statuswechsel innerhalb der Versicherungspflicht gehandelt habe. Die Klägerin sei bereits seit dem 1. Mai 2004 Rentenbezieherin und seitdem in der KVdR pflichtversichert. Eine Befreiung sei daher nicht möglich.

Die Klägerin legte am 24. Januar 2014 Widerspruch ein und machte geltend, sie zahle seit Jahren Ruhensbeiträge an die PBeaKK, um ihre Mitversicherung bei Erreichen der Altersrente wiederaufleben zu lassen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V könne auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden, wer versicherungspflichtig werde durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente. Dies setze voraus, dass unmittelbar vor Eintritt des die Versicherungspflicht begründenden Tatbestandes keine Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung bestanden habe. Diese Voraussetzung sei im Fall der Klägerin bei Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in eine Regelaltersrente nicht erfüllt gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 24. Juni 2008 – B 12 KR 28/07 – sei das Recht auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nur beim erstmaligen Eintritt von Versicherungspflicht aufgrund eines ununterbrochenen Rentenbezuges gegeben.

Die Klägerin hat am 14. April 2014 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben. Sie hat vorgebracht, bei der PBeaKK handele es sich nicht um ein privates Krankenversicherungsunternehmen, sondern um eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts, die für sie eine ausreichende Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB V biete. Deshalb sei die von der Beklagten z...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen