Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Widerruf eines Bewilligungsbescheides bei zweckwidriger Verwendung der Förderleistungen aus dem Sonderprogramm des Bundes zum [Wieder-]Einstieg von Langzeitarbeitslosen ab 25 Jahren in Beschäftigung. Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. keine Heilung des Mangels der Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig ist, bestimmt sich ausschließlich danach, ob die im Einzelfall entscheidungserheblichen Rechtsvorschriften beachtet worden sind. Die böse Absicht, einen rechtmäßigen Verwaltungsakt nicht ordnungsgemäß umsetzen oder befolgen zu wollen, macht den Verwaltungsakt nicht rechtswidrig (Bestätigung der Senatsrechtsprechung LSG Chemnitz vom 4.12.2014 - L 3 AL 154/11).

2. Die bescheidwidrige Mittelverwendung macht nicht den Fördermittelbescheid rückwirkend rechtswidrig, sondern eröffnet der zuständigen Behörde lediglich die Möglichkeit, die Fördergelder nach Maßgabe von § 47 SGB 10 zurückzufordern (Bestätigung der Senatsrechtsprechung LSG Chemnitz vom 4.12.2014 - L 3 AL 154/11).

3. Ein Mangel der Ermessensbetätigung kann im Gegensatz zu einem Fehler der Ermessensbegründung nicht mehr im gerichtlichen Verfahren geheilt werden.

 

Normenkette

SGB X § 35 Abs. 1 S. 3, § 41 Abs. 1 Nr. 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1, § 47 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1, § 48 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. März 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 12. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Teilaufhebung der Bewilligung von Förderleistungen und die Aufforderung, einen Betrag in Höhe von 7116,25 EUR zu erstatten.

Am 21. August 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Verwendung des Antragsformulars "Arbeit für Langzeitarbeitslose (AfL) - Sonderprogramm des Bundes zum (Wieder-)Einstieg von Langzeitarbeitslosen ab 25 Jahren in Beschäftigung, Antrag auf Förderleistung nach den AfL-Richtlinien (AfL-RL)" die Bewilligung von monatlichen Fallpauschalen für 13 Langzeitarbeitslose im Bezug von Arbeitslosenhilfe und 14 Sozialhilfeempfänger ab dem 1. September 2003.

Mit Bescheid vom 15. September 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Richtlinie (forthin: AfL-RL) ab dem 1. September 2003 monatliche Fallpauschalen für die Teilnahme von 27 Arbeitslosen an Maßnahmen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für die Dauer von höchstens sechs Monaten. Insgesamt bewilligte die Beklagte 176.400,00 EUR, von denen 109.200,00 EUR auf die 13 im Bezug von Arbeitslosenhilfe stehenden Langzeitarbeitslosen bei einer monatlichen Fallpauschale in Höhe von 1.400,00 EUR (Artikel 3 § 4 Abs. 1, 2 AfL-RL) und 67.200,00 EUR auf die 14 Sozialhilfeempfänger bei einer monatlichen Fallpauschale in Höhe von 800,00 EUR (Artikel 3 § 4 Abs. 1, 3 AfL-RL) entfielen.

Mit Ergänzungsbescheid vom 2. Februar 2004 bewilligte die Beklagte ab dem 1. März 2004 für einen arbeitslosenhilfebeziehenden Langzeitarbeitslosen 1.400,00 EUR monatlich für zwei Monate und für drei Sozialhilfeempfänger 800,00 EUR monatlich für die Dauer von drei Monaten, insgesamt 10.000,00 EUR (= 2.800,00 EUR + 7.200,00 EUR). Mit weiterem Ergänzungsbescheid vom 24. Februar 2004 wurde für einen Langzeitarbeitslosen im Arbeitslosenhilfebezug die Förderung um drei Monate zu je 1.400,00 EUR (insgesamt 4.200,00 EUR) erhöht.

Abweichend von der in den Bewilligungsbescheiden für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe unterschiedlich geregelten Höhe der Förderung nahm die Klägerin eine "Mischkalkulation" vor und zahlte den Bildungs- und Beschäftigungsträgern - undifferenziert - eine Fallpauschale von monatlich 1.100,00 EUR je Teilnehmer (= 850,00 EUR Bruttolohn und 250,00 EUR sonstige Pauschale).

Im Jahr 2005 prüfte der Europäische Rechnungshof im Hinblick darauf, dass die AfL-Maßnahmen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert worden waren, die sachgemäße Verwendung der insoweit aufgewendeten Haushaltsmittel. Der Prüfbericht des Europäische Rechnungshof vom 3. März 2006 wurde an den Bundesrechnungshof, von diesem an die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit, der Beklagten, und von dieser wiederum am 22. März 2006 an die Agentur für Arbeit P… weitergeleitet, die daraufhin alle in ihrem Zuständigkeitsbereich durchgeführten AfL-Maßnahmen, unter anderem die hier streitbefangene, auf die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel hin überprüfte.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 8. Juni 2006 hob die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2007 "den Bewilligungsbescheid vom 15.09.2003 und die dazu ergangenen Ergänzungsbescheide teilweise auf" und forderte die Klägerin zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 7.116,25 EUR auf. Die von der Klägerin auf Grund eine...

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