Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeit in kommunalen Gremien. zweckbestimmte Einnahme. Gerechtfertigkeitsprüfung. Absetzung des für Auslagen zweckbestimmten steuerfreien Anteils als Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Entschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten in kommunalen Gremien können zweckbestimmte Einnahmen im Sinne des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 sein, soweit sie als Ersatz von Aufwendungen bzw Auslagen gezahlt werden.

2. Scheidet diese anteilige Privilegierung der Entschädigungen unter Würdigung der Besonderheiten des Einzelfalles - wie hier - nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 aus, weil daneben Leistungen nach dem SGB 2 nicht gerechtfertigt wären, können die mit der Erzielung der Entschädigungen verbundenen notwendigen Ausgaben nach § 11 Abs 2 (S 1) Nr 5 SGB 2 abgesetzt werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.05.2011; Aktenzeichen B 14 AS 93/10 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Entschädigungen für Betätigungen der (Berufungs-) Klägerin als ehrenamtliche Ortsvorsteherin und Stadträtin als bedarfsminderndes Einkommen.

Die Klägerin ist im April 1944 geboren und mit ihrem im Februar 1942 geborenen Mann verheiratet.

Die Klägerin und ihr Mann veräußerten im August 2002 ihr Eigentum an einem selbst genutzten Hausgrundstück an ihren 1971 geborenen Sohn. Seit Januar 2003 vermietet ihr Sohn ihnen eine Wohnung in diesem Haus. Nach dem Mietvertrag vom 8. Dezember 2002 besteht die Wohnung aus vier Räumen mit einer Gesamtfläche von ca. 80 m². Die Nettokaltmiete beträgt 256,- € monatlich und die Vorauszahlung für die Betriebskosten 120,- € monatlich.

Bis zum 8. Januar 2004 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld (Alg) und danach bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe.

Die Klägerin war u.a. von Juli 2004 bis Juni 2009 ehrenamtliche Ortsvorsteherin des Ortsteils B. und zugleich Stadträtin der Stadt L. . Als Entschädigungen hierfür erhielt sie im Jahre 2005 als Ortsvorsteherin 406,48 € monatlich und als Stadträtin 330,- € monatlich. Des Weiteren erhielt sie als Stadträtin für Sitzungen der Ratsversammlungen und bestimmter Ausschüsse ein Sitzungsgeld von 50,- € pro Sitzungsteilnahme. Außer im September 2005 wurden ihr im Jahre 2005 an Sitzungsgeldern monatlich nachträglich unterschiedlich hohe Beträge von 50,- € bis zu 400,- € überwiesen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die nicht datierte Bestätigung der Stadt L. über die Sitzungsteilnahmen der Klägerin im Jahre 2005 und die Auszüge des Girokontos der Klägerin über die im Jahre 2005 gezahlten Sitzungsgelder Bezug genommen (Blatt 217 und 270ff der Gerichtsakte).

Ab Januar 2005 war die Klägerin freiwillig versichertes Mitglied bei der IKK Sachsen. Im Jahr 2005 betrug der Gesamtbeitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung 107,88 € monatlich.

Im April 2005 erwarb die Klägerin einen Opel Vectra für 11.500,- €. Hierfür zahlte sie 9.500,- € bar und gab im Übrigen zwei Fahrzeuge - einen Opel Corsa und einen Opel Omega - in Zahlung. Eigentümer des Opels Omega war seit 2003 der Mann der Klägerin gewesen. Für die Haftpflichtversicherungen dieser Kraftfahrzeuge (Kfz___AMPX_’_SEMIKOLONX___Xe) waren 2005 folgende Beiträge zu zahlen: 108,38 € für den Opel Omega (für das 1. Quartal 2005), 140,71 € für den Opel Corsa (Jahresbeitrag bei Beitragsfreiheit ab dem 17. Mai 2005 aufgrund dessen Abmeldung) und 102,87 € für den Opel Vectra (für die Zeit vom 19. Mai bis 31. Dezember 2005).

Seit September 2008 bezieht die Klägerin Altersrente. Ihr Mann bezieht nach ihren Angaben seit Vollendung seines 60. Lebensjahres Altersrente. Ab Januar 2005 betrug der Zahlbetrag seiner Rente- abzüglich der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung - monatlich 668,47 € und ab Juli 2005 monatlich 665,20 €. Nach weiteren Angaben der Klägerin erzielte ihr Mann in den Monaten März, April, Mai, Juli, August, Oktober und November 2005 für Hausmeisterdienstleistungen Einnahmen in unterschiedlicher Höhe. Wegen der Einzelheiten zu den Zahlungen wird auf das Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin vom 1. Dezember 2009 nebst Anlagen hierzu Bezug genommen (Blatt 178ff der Gerichtsakte).

Am 14. Oktober 2004 beantragte die Klägerin bei der (Berufungs-) Beklagten die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Denn die Klägerin sei mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig. Deshalb habe sie keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im beigefügten Berechnungsbogen finde sie alle rechnerischen Einzelheiten. In diesem Berechnungsbogen wird unter “Bewilligungszei...

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