Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingliederungszuschuss. Bewilligung für die Einstellung der Ehefrau. Kausalitätsprüfung auf Tatbestandsebene. Ermessensausübung. Eingliederungserfordernis. Überwiegen der Arbeitgeberinteressen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen der Einstellung eines Arbeitnehmers und der Gewährung eines Eingliederungszuschusses besteht, ist auf der Tatbestandsebene zu prüfen.

2. Der Eingliederungszuschuss stellt kein Förderungsinstrument zur Finanzierung von Arbeitsplätzen oder Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze dar.

3. Die Förderung von Arbeitgebern, die ein Arbeitsverhältnis mit einem Angehörigen begründen, ist nicht von Gesetzes wegen ausgeschlossen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.06.2021; Aktenzeichen B 11 AL 13/21 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 2. März 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses nach § 88 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) für die Beschäftigung der Ehefrau des Klägers (zuletzt noch) für die Dauer von 12 Monaten in Höhe von 50 % des förderfähigen Arbeitsentgeltes und hilfsweise die Neubescheidung des Antrages.

Der Kläger ist niedergelassener Arzt und Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Manuelle Medizin, Flugmedizin sowie Akupunktur in A..... Ferner ist er im Bereich der Labormedizin tätig und erstellt Gutachten für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit.

Die 1965 geborene Ehefrau des Klägers verfügt über einen Berufsabschluss als pharmazeutisch-technische Assistentin und war von 1985 bis 1993 in einer Apotheke tätig. Anschließend arbeitete sie als Drogistin und war sodann in der Zeit vom 1. Februar 1995 bis zum 30. April 2015 als Gebietsleiterin bei der "Y.... GmbH & Co. KG" unter anderem in den Bereichen Personal, Kalkulation, Innendienst, Umsätze und Kosten tätig. Von Mai 2015 bis Juli 2016 übte sie eine geringfügige Nebenbeschäftigung (Patientenmanagement) in der Praxis des Klägers aus und bezog vom 1. Mai 2015 bis zum 24. Juli 2016 Arbeitslosengeld.

Während eines Beratungsgesprächs mit ihrem Arbeitsvermittler am 3. Juni 2016 teilte die Ehefrau des Klägers mit, dass sie ab dem 31. Juli 2016 eine Beschäftigung als Geschäftsführerin in der Praxis ihres Ehemannes beginnen werde und sich daher abmelden wolle.

Der Kläger erfragte am 17. Juni 2016 telefonisch bei der Beklagten die Möglichkeit einer Förderung seiner Ehefrau, bestand auf eine Antragstellung und wurde darauf hingewiesen, dass Angehörige des Arbeitgebers nur gefördert würden, wenn das arbeitsmarktpolitische Interesse gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an der Einstellung überwiege. Nach der Schilderung scheine mangels Stellenangebotes, mangels einer Initiative zur Einstellung seitens der Agentur für Arbeit und da Vermittlungsbemühungen ohne Beschränkung auf eine Person nicht erfolgt seien, eher sein subjektives Interesse zu überwiegen.

Der Kläger gab am 20. Juni 2016 bei der Beklagten ein Stellenangebot auf und beschränkte dieses auf vier Vermittlungsvorschläge.

Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 22. Juni 2016 auf, das Antragsformular und den Fragebogen zur Prüfung der Fördervoraussetzungen vollständig ausgefüllt bis zum 22. Juli 2016 einzureichen. Eine Förderzusage erfolgte nicht.

Der Kläger reichte den am 20. Juli 2016 ausgefüllten Antrag und die weiteren Unterlagen, insbesondere den Arbeitsvertrag vom 17. Juli 2016, ein. Ausweislich des Arbeitsvertrages ist die Ehefrau des Klägers ab dem 25. Juli 2016 als Praxismanagerin und Sprechstundenhilfe in Vollzeit zu einem Bruttomonatslohn in Höhe von 3.600 EUR (bei 40 Stunden pro Woche) beschäftigt. In einem Begleitschreiben vom 19. Juli 2016 legte der Kläger die beabsichtigte Tätigkeit, die Notwendigkeit der sofortigen Einstellung und der länger

andauernden Einarbeitung dar. Dem Antrag auf Förderung von einem Jahr in Höhe von maximal 50 % sei zu entsprechen.

Die Ehefrau des Klägers teilte telefonisch am 20. Juli 2016 mit, dass die Arbeitsaufnahme am 25. Juli 2016 erfolge und sie keine Meldung als arbeitssuchend mehr wünsche.

Mit E-Mail vom 22. Juli 2016 teilte der Kläger seine Entscheidung zu den vier Vermittlungsvorschlägen der Beklagten mit. Sein Einstellungsermessen zugunsten seiner Ehefrau sei "auf Null" reduziert. Für die Komplexität seiner Praxis eigne sich zwar Frau X...., da diese umfänglich hoch qualifiziert sei. Auch sie benötige jedoch eine längere Einarbeitung nicht unter neun Monaten. Gegen eine stabile und rasche sowie dauerhafte Einstellung spreche jedoch die hohe Frequenz der Arbeitswechsel und die ungewöhnliche Bandbreite der Ausbildung, vom Polizeidienst bis zur Molokularbiologie. Er müsse sich felsenfest auf die neuen Fachkräfte verlassen können und zwar auch mittelfristig. Dies scheine ihm bei Frau X.... nicht 100 % gegeben. Er habe ...

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