Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflicht. Arbeitslosenversicherung. Teilnahme an einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahme eines freien Bildungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

Eine von einem reinen Bildungsträger einheitlich für 12 Monate geplante und durchgeführte Maßnahme der Qualifizierung und Arbeit für Sozialhilfeempfänger, bei der nach den Umständen des Einzelfalles gerade kein freies Austauschverhältnis von Lohn gegen Arbeit vorliegt, sondern eine - nicht im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem BBiG durchgeführte - berufliche Weiterbildung im Vordergrund steht, die als solche vom Bildungsträger angeboten und vom Sozialhilfeempfänger angenommen wird, begründet auch dann keine Versicherungspflicht und damit auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn 51% der Maßnahme auf einen nach den Umständen unselbständigen, untrennbar zur Ausbildung gehörenden Maßnahmeteil (sog "Arbeitserfahrung") entfallen, in dem Tätigkeiten wie von einem Arbeitnehmer verrichtet werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.01.2008; Aktenzeichen B 7/7a AL 70/06 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 18. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 14.10.2004 wegen einer vom 14.10.2003 bis 13.10.2004 (12 Monate) dauernden Teilnahme an einer Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahme für Sozialhilfeempfänger.

Der am ...1981 geborene Kläger tunesischer Staatsangehörigkeit stand bis 13.10.2003 im Sozialhilfebezug. Mit Schreiben vom 02.10.2003 wurde er gemeinsam vom späteren Maßnahmeträger sowie dem zuständigen Sozialhilfeträger unter Androhung der Kürzung/Streichung der Sozialhilfe für den 08.10.2003 zu einer Informationsveranstaltung über ein Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekt eingeladen, bei dem eine Einstellung mit befristetem Arbeitsvertrag für 12 Monate in Aussicht gestellt wurde.

Im Ergebnis dieser Informationsveranstaltung schloss der Kläger am 14.10.2003 einen mit “Befristeter Arbeitsvertrag„ überschriebenen Vertrag mit dem Maßnahmeträger für die Zeit vom 14.10.2003 bis 13.10.2004 bei einem monatlichen Brutto-Gehalt in Höhe von 784,32 €, einer Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche bzw. 8 Stunden pro Arbeitstag sowie vorher festgelegtem Urlaub in den Zeiten vom 22.12.2003 bis 02.01.2004 (2 Wochen), vom 09.02.2004 bis 13.02.2004 (1 Woche), am 21.05.2004 und vom 12.07.2004 bis 23.07.2004 (2 Wochen). Als Tätigkeit wurde im Vertrag die Teilnahme am Projekt “Reintegrationsseminar für Sozialhilfeempfänger„ als Angestellter mit dem Ziel der Fortbildung in der Fachrichtung “Helfer im Garten- und Landschaftsbau„ vereinbart. Der Vertrag sollte nur im Zusammenhang mit der durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (SMWA) bestätigten Maßnahme “QAS - Qualifizierung und Arbeit für Sozialhilfeempfänger im Bereich Garten- und Landschaftsbau„ sowie der Erteilung des entsprechenden Zuwendungsbescheides gelten.

Dieser Zuwendungsbescheid war dem Maßnahmeträger vom Regierungspräsidium Dresden am 16.09.2003 erteilt worden und sah eine Zuwendung an den Maßnahmeträger aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) als Anteilsfinanzierung in Höhe von 33,12 % der zuwendungsfähigen Ausgaben, begrenzt auf einen Maximalbetrag, vor. Der übrige Teil der Kosten des Maßnahmeträgers für die Durchführung der Maßnahme wurde vom Sozialhilfeträger übernommen. Zuwendungszweck war die Durchführung des Projektes “QAS - Qualifizierung und Arbeit für Sozialhilfeempfänger im Bereich Garten- und Landschaftsbau„ verbunden mit Auflagen unter anderem dahin, dass Zeiten der Arbeitserfahrung nur an kommunalen Einrichtungen gefördert wurden, aber als Praktikum auch der Einsatz in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) maximal bis zu 10 Wochen erlaubt war.

Dazu hatte der Maßnahmeträger einen Projektantrag nebst Projektbeschreibung und Finanzierungsplan eingereicht, wonach Ziel der Maßnahme die theoretische und fachpraktische Qualifizierung von Sozialhilfeempfängern zur Ermöglichung des Wiedereinstiegs in das Arbeitsleben war, mit der Hauptaufgabe, eine maximale Anzahl der Teilnehmer während bzw. mit Abschluss der Maßnahme in den 1. Arbeitsmarkt zu vermitteln. Hierzu war eine Qualifizierung zum “Helfer im Garten- und Landschaftsbau„ vorgesehen. Außerdem war inhaltlich die Schaffung (d.h. die Rekonstruktion und Umgestaltung) eines Vereinszentrums mit angrenzenden Arbeitsobjekten (Gestaltung von Außenanlagen, gärtnerische Arbeiten, Wege- und Platzbau) im öffentlichen kommunalen Interesse geplant. Es sollte zudem ein befristeter Arbeitsvertrag für 1 Jahr abgeschlossen werden, um zusätzlich Ansprüche nach dem SGB III zu erhalten. Bei der Maßnahme war für den theoretischen Unterricht ein Anteil von 19,0 %, für die praktische Unterweisung ein Anteil von 30,0 % und für die...

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