Entscheidungsstichwort (Thema)

Gründungszuschuss. Fortführung eines Friseursalons. Ermessensleistung. Zweck. Erhalt von Arbeitsplätzen. Schließung des Salons im ländlichen Raum. Liquiditätsengpass. Berücksichtigung des Vermittlungsvorrangs bei Ermessensausübung. dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Gründungszuschuss dient nicht der Wirtschaftsförderung und Förderung der sozialen Strukturen im ländlichen Raum. Er dient auch nicht der Finanzierung eines Liquiditätsengpasses. Der Gründungszuschuss dient der aktiven Arbeitsmarktförderung des konkreten Arbeitslosen.

2. Dass der Vorrang der Vermittlung in die Ermessenserwägungen eingestellt wird, begegnet dem Grunde nach schon deshalb keinen Bedenken, weil es sich dabei um die Berücksichtigung einer gesetzlichen Vorgabe handelt.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 26. April 2021 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Gründungszuschusses.

Die am 1979 geborene Klägerin ist von Beruf Friseurmeisterin. Ab dem 1. September 2009 war sie im Friseursalon "Z...." in Y.... beschäftigt und übte parallel eine selbständige Tätigkeit als Friseurin im Reisegewerbe mit einer wöchentlichen Stundenzahl von fünf bei einem voraussichtlichen Entgelt von 160,00 EUR netto monatlich aus. Das Arbeitsverhältnis im Friseursalon wurde arbeitgeberseitig mit Wirkung zum 15. Dezember 2015 betriebsbedingt beendet, nachdem die Inhaberin das Geschäft aus gesundheitlichen Gründen aufgab. Vom 21. Dezember 2015 bis zum 23. Dezember 2015 war die Klägerin im Salon erneut mit 15 Arbeitsstunden pro Kalenderwoche bei einem Bruttoentgelt von 165,00 EUR beschäftigt. Ab dem 1. Januar 2016 übernahm sie den Salon als Inhaberin.

Die Klägerin meldete sich am 23. September 2015 bei der Beklagten persönlich arbeitssuchend und mit Wirkung zum 15. Dezember 2015 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld.

Noch am 23. September 2015 schloss die Klägerin mit der Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung zur Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit als Friseurin (regional) ab, die bis zum 31. Januar 2016 gelten sollte. Die Klägerin verpflichtete sich zur Bewerbung auf 6 bis 10 sozialversicherungspflichtige Stellen als Friseurin.

Am 20. Oktober 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie sich ab dem 1. Januar 2016 selbstständig machen wolle, und fragte nach Möglichkeiten der Unterstützung.

Die Beklagte unterbreitete der Klägerin am 30. Oktober 2015 und 2. November 2015 jeweils einen Vermittlungsvorschlag und weitere Stellenangebote. Bewerbungen erfolgten nicht.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 5. November 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie überlege, das Geschäft der Arbeitgeberin zu übernehmen, da diese es aufgebe. Die Beklagte verwies auf den Vermittlungsvorrang, weshalb kein Gründungszuschuss gewährt werden könne. Im Rahmen einer weiteren persönlichen Vorsprache am 9. November 2015 erklärte die Klägerin, dass sie sich selbständig machen werde und keine Vermittlungsvorschläge mehr wünsche. Die Gewerbeanmeldung erfolgte am 13. November 2015.

Mit Schreiben vom 22. November 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Bewilligung eines Gründungszuschusses. Ausweislich des vorgelegten Businessplans wurde der Klägerin aufgrund der Erkrankung der Inhaberin bereits ab dem 1. Januar 2015 die Leitung des Salons übertragen. Direkte Mitbewerber sind die Friseurgenossenschaft W.... B.... eG in V...., das Haarstudio U.... in T...., S.... Friseursalon in R.... und der Salon Q.... in P..... Zwei Mitarbeiter des Geschäftes werden übernommen. Das Ladengeschäft befindet sich in einem sehr guten Zustand. Die im Rahmen der Übernahme notwendigen Gesamtmittel von 18.000,00 EUR (15.000,00 EUR Zahlung an Vorbesitzerin [beinhaltet die komplette Ladenausstattung und alle Material- und Warenbestände] und 3.000,00 EUR Ausstattung des Geschäftskontos) werden durch Eigenkapital finanziert, so dass eine Bankfinanzierung nicht benötigt wird. Die vorgelegte Rentabilitätsvorschau weist unter Berücksichtigung eines Waren- und Materialeinsatzes von 10.000,00 EUR, der Personalkosten, sonstiger Kosten und Abschreibungen auf Anlagegüter bereits im ersten Jahr einen Jahresüberschuss in Höhe von 20.687,00 EUR aus. Der Liquiditätsplan berücksichtigt im ersten Quartal neben den Eigenmitteln einen zunächst erwarteten geringeren Umsatz (15.000,00 EUR - ab dem zweiten Quartal 20.000,00 EUR), Investitionskosten in Höhe von 15.000,00 EUR und Privatentnahmen in Höhe von 2.595,00 EUR und weist einen Fehlbetrag in Höhe von 471,00 EUR aus. Für die folgenden Quartale werden Gewinne (zuletzt 2.081,00 EUR) ausgewiesen.

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