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Der GKV-Spitzenverband[1] hat im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene

auf Grundlage des § 71 Abs. 5 Satz 1 SGB XI

am 11.11.2019 die nachfolgenden Richtlinien beschlossen. Den Ländern, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Richtlinien im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 18.12.2019 genehmigt.

Präambel

Aufgrund der Einführung des Teils 2 des neuen SGB IX durch das Bundesteilhabegesetz wird zum 01.01.2020 die Differenzierung zwischen ambulanten, teilstationären und vollstationären Leistungen der Eingliederungshilfe aufgegeben. Es erfolgt eine personenzentrierte Neuausrichtung der Eingliederungshilfe mit der Folge, dass die Leistungen der Eingliederungshilfe unabhängig vom Ort der Inanspruchnahme gewährt werden und zudem in Fachleistungen und existenzsichernde Leistungen differenziert werden. Damit fällt der bisherige Anknüpfungspunkt des § 43a SGB XI an die Leistungserbringung im Bereich der vollstationären Versorgung erwachsener Menschen mit Behinderungen weg. Insofern ist ein Anknüpfungspunkt erforderlich, der die bisherigen Rechtswirkungen auch unter der ab 01.01.2020 geltenden Rechtslage weiter sicher abbilden kann und nicht zu einer Verschiebung der Leistungszuständigkeiten gegenüber dem Status quo führt. Dieser Anknüpfungspunkt wird durch eine Anpassung des § 71 Abs. 4 SGB XI neu definiert, der mit Wirkung zum 01.01.2020 in Kraft tritt.

Die Regelung des § 71 Abs. 4 SGB XI bestimmt, wann keine stationäre Pflegeeinrichtung i. S. d. § 71 Abs. 2 SGB XI vorliegt, sondern eine stationäre Einrichtung mit vorrangig anderer Zielsetzung als die der Pflege. Die Abgrenzung solcher Einrichtungen ist maßgeblich sowohl für die Anwendung der vertragsrechtlichen Regelungen des SGB XI als auch für den leistungsrechtlichen Anspruch des Versicherten. Um die bisherigen, an der Wohnform orientierten Leistungsansprüche im SGB XI auch unter der personenzentrierten Neugestaltung der Eingliederungshilfe aufrecht erhalten zu können, erfasst die Regelung des § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI in ihrer neuen Fassung ab 01.01.2020 Räumlichkeiten, die dadurch geprägt sind, dass die Bewohnerinnen und Bewohner die Überlassung des Wohnraums sowie die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe und gegebenenfalls darüber hinaus erforderliche Leistungen zur Pflege oder Betreuung in einer Weise erhalten, die sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung so darstellt, dass die Versorgung durch Leistungserbringer umfassend organisiert wird und die Mitbestimmungsmöglichkeiten vergleichbar wie in einer stationären Einrichtung eingeschränkt sind. Sie entsprechen damit den von § 43a SGB XI und § 71 Abs. 4 SGB XI (in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassungen) erfassten stationären Einrichtungen, in denen Aufgaben der Eingliederungshilfe im Vordergrund stehen, oder sind diesen gleichzustellen. Ambulant betreute Wohngemeinschaften beispielsweise erfüllen die in § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI genannten Voraussetzungen nicht und werden damit von der Regelung des § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI auch nicht erfasst. Es soll sichergestellt werden, dass einerseits eine Weiterentwicklung der Versorgungskonzepte für Menschen mit Behinderungen unter der Neuausrichtung der Eingliederungshilfe ermöglicht wird, ohne dass dies andererseits zu ungewollten Lastenverschiebungen zwischen der Pflegeversicherung und der Eingliederungshilfe führt.

Angesichts der Vielzahl der Fallgestaltungen und der Ausgestaltung der Einrichtungen in den Ländern, werden mit den nachfolgenden Richtlinien die in § 71 Abs. 4 Nr. 3 Buchstabe c SGB XI genannten Merkmale, wann der Umfang einer Gesamtversorgung der in den Räumlichkeiten wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend einer Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht, konkretisiert. Damit die Definition der gemeinschaftlichen Wohnformen, in denen der Umfang einer Gesamtversorgung einer vollstationären Einrichtung entspricht, nicht gegenüber dem Status quo erweiternd ausgelegt wird, werden in den Richtlinien die bisherigen Merkmale einer Gesamtversorgung in einer vollstationären Einrichtung zu Grunde gelegt.

[1] Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Pflegekassen nach § 53 SGB XI.

1. Zielsetzung der Richtlinien

Die Richtlinien beschreiben die Merkmale, nach welchen der Umfang einer Gesamtversorgung der in den Räumlichkeiten wohnenden Menschen mit Behinderungen, durch Leistungserbringer weitgehend der einer vollstationären Einrichtung entspricht und welche Kriterien zur Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Dies dient der Feststellung, ob es sich bei einer Einrichtung um Räumlichkeiten i. S. d. § 71 Abs. 4 Nr. 3 Buchstabe...

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