Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der betrieblichen Zurechnung von der privaten bei einem Unfallereignis

 

Orientierungssatz

1. Ob ein Unfall einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und damit als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, hängt davon ab, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und ob die jeweilige Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird.

2. Bei einer Geschäftsreise des Beschäftigten ist zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Reisenden zuzurechnen sind.

3. Bei Unfällen innerhalb eines Hotels, in dem der Beschäftigte übernachtet, besteht Versicherungsschutz bei allen Verrichtungen, welche dazu bestimmt sind, wesentlich der versicherten Tätigkeit zu dienen. Der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Reisende sich rein persönlichen Belangen widmet. Dazu gehört das Duschen.

4. Ein auf privaten Verrichtungen beruhender Unfall weist dann ausnahmsweise einen betrieblichen Bezug auf, wenn er durch eine gefährliche Einrichtung ausgelöst wird, die zu benutzen der Versicherte wegen seines auswärtigen Dienstgeschäftes gezwungen ist.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Ausrutschen der Klägerin im Hotelbadezimmer am 9. März 2004 ein Arbeitsunfall ist.

Die am ... 1949 geborene Klägerin ist kaufmännische Leiterin der Verwaltung des T Theaters H. (Kinder- und Jugendtheater). Ihr Arbeitgeber zeigte unter dem 12. März 2004 einen Unfall der Klägerin am 9. März 2004, 22.00 Uhr in K während ihrer Dienstreise vom 8. bis zum 10. März 2004 an. Ausweislich dieser Unfallanzeige rutschte die Klägerin im Hotel "H" beim Aussteigen aus der Duschwanne auf den Fliesen aus und verdrehte sich dabei das linke Knie. Sie arbeitete am Folgetag weiter und stellte ihre Arbeit nach der Rückkehr nach H. am 11. März 2004 ein. Seither war sie arbeitsunfähig.

Nach dem Durchgangsarztbericht der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. vom 11. März 2004 gab die Klägerin an, im Hotel während der Dienstreise aus der Duschwanne herausgetreten und auf den Fliesen ausgerutscht zu sein und sich dabei das linke Knie verdreht zu haben. Als Erstdiagnose wurde ein Verdacht auf Kniebinnenschäden links vermerkt, der im Ergänzungsbericht bestätigt wird.

Aus der Epikrise der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. vom 26. März 2004 über den stationären Aufenthalt vom 23. bis zum 26. März 2004 ergibt sich die Diagnose einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes rechts (gemeint war links). Dies habe sich durch eine am 16. März 2004 durchgeführte Magnetresonanztomographie (MRT) ergeben. Am 24. März 2004 sei eine Arthroskopie des linken Kniegelenks durchgeführt worden, bei der sich der Befund einer frischen kompletten Ruptur des vorderen Kreuzbandes links bestätigt habe.

Mit Bescheid vom 29. März 2004 lehnte die Beklagte ab, den Unfall als Versicherungsfall anzuerkennen. Nicht alle Tätigkeiten während einer Dienstreise stünden unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Zu unterscheiden sei zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stünden und deshalb versichert seien, und solchen Verrichtungen, bei denen die Betroffene sich außerhalb einer solchen inneren Beziehung zum Unternehmen befunden habe; diese private Sphäre sei nicht versichert. Die zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit sei dem privaten eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzuordnen.

Die Klägerin erhob am 23. April 2004 Widerspruch und trug vor, der Unfall sei in Ausübung ihrer Dienstreise eingetreten, wozu auch der Aufenthalt und die Übernachtung in einem Hotel gehörten. Sie begründete weiter, das Duschbad habe nach einem anstrengenden Seminartag der Regenerierung dienen sollen. Der Duschein- bzw. -ausstieg sei ungewöhnlich hoch und eng gewesen und entspreche nicht den häuslichen Gegebenheiten. Es sei zweifelhaft, ob der Duscheinbau den TÜV-Normen entspreche.

Nach Ermittlungen der Beklagten hatte die Klägerin während ihrer Dienstreise im Zimmer 206 des Hotels H übernachtet. Bei der Ortsbesichtigung einer ersuchten Berufsgenossenschaft (BG) vor Ort wurde die Dusche vermessen und fotografiert. Wegen der gefertigten Fotografien wird auf die Unfallakte verwiesen.

Auf Aufforderung der Beklagten schilderte die Klägerin nochmals den Unfallhergang mittels eines übersandten Vordrucks. Sie gab an, beim Aussteigen aus der Dusche auf den Fliesen ausgerutscht zu sein und dabei das linke Knie verdreht zu haben.

Nach der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 31. Oktober 2005 sei die gedeckte frische Zusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes mit einem blutigen Gelenkerguß, einem Knochenödem im Bereich des Schienenbeinkopfes und einer klinischen Lockerung des inneren Knieseitenbandes mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall ...

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