Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung eines Freibetrags zur Berufsausbildungsbeihilfe bei auswärtiger Unterbringung

 

Orientierungssatz

1. Mit der Ausnahmeregelung des § 71 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB 3 zur Berufsausbildungsbeihilfe soll die Berufsmobilität von Auszubildenden und die stärkere Ausschöpfung des regional unterschiedlichen Ausbildungsplatzangebotes gefördert werden. Sie trägt dazu bei, jungen Menschen die Scheu vor der Wahl einer Ausbildungsstelle zu nehmen, die nicht vom Haushalt der Eltern aus zu erreichen ist.

2. Die besondere Förderung der auswärtigen Unterbringung durch Berücksichtigung eines Freibetrags setzt voraus, dass der Auszubildende wegen der beabsichtigten Ausbildung gezwungen ist, außerhalb des zumutbaren Tagespendelbereichs der elterlichen Wohnung eine Unterkunft zu nehmen. Ist der Auszubildende bereits vor Beginn der zu fördernden Ausbildung und ohne Bezug zu ihr umgezogen, besteht kein Anspruch auf die erhöhte Förderung. In einem solchen Fall fehlt es an der Grundvoraussetzung, dass der elterliche Haushalt noch den eigentlichen Lebensmittelpunkt des Auszubildenden darstellt.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) vom 1. Mai 2004 bis zum 13. Juli 2006.

Der am 1983 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und ledig. Er nahm ab dem 1. August 2002 eine Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten Informatik an der O. -K. -Schule in M auf. Zum 1. Oktober 2002 zog er von dem Wohnsitz seiner Eltern in. E. in eine Einraumwohnung in der L ... -F ... -Straße in M. um. Die Miete für die Wohnung in der L -F -Straße in M betrug ab dem 1. Oktober 2003 einschließlich der Nebenkosten 203,00 EUR im Monat. Der Kläger brach diese Ausbildung zum 31. Dezember 2002 wieder ab. Er leistete ab 2. Januar 2003 seinen Zivildienst in M bei den Unikliniken ab, brach diesen aber am 21. April 2003 aus gesundheitlichen Gründen ab. Seine Wohnung in M ... behielt der Kläger bei.

Am 16. September 2003 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf BAB für die Aufnahme einer Ausbildung zum Industriekaufmann ab dem 1. Oktober 2003. Es handelt sich um einen Berufsausbildungsvertrag in überbetrieblicher Ausbildung gemäß §§ 3, 4 Berufsbildungsgesetz mit einer Ausbildungszeit nach der Ausbildungsordnung von 36 Monaten bei der I -Gesellschaft z ... F der b ... und s I mbH in H. Der Ausbildungsbetrieb zahlte dem Kläger folgende monatliche Ausbildungsvergütung: Im ersten Ausbildungsjahr 159,50 EUR, im zweiten Ausbildungsjahr 163,61 EUR und im dritten Ausbildungsjahr 178,95 EUR. Für Familienheimfahrten gab der Kläger für die einfache Strecke M bis E einen Betrag mit öffentlichen Verkehrsmitteln von 3,10 EUR an, für Pendelfahrten innerhalb von M ... 23,50 EUR. Unter Berücksichtigung des Einkommens seiner Eltern lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2003 den Antrag auf BAB ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, weil er der Auffassung war, die Beklagte müsse bei der Berechnung des Einkommens einen Freibetrag nach § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) berücksichtigen. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2003 zurück.

Am 14. Januar 2004 stellte der Kläger erfolglos einen Überprüfungsantrag, wobei das aktuelle Einkommen seines Vaters berücksichtigt werden sollte (Bescheid vom 6. Februar 2004).

Zum 1. Dezember 2003 zog der Kläger innerhalb von M. in die S straße in eine 40,12 m² große 2-Zimmer-Wohnung um. Die Gesamtmiete für diese Wohnung betrug 286,85 EUR monatlich.

Am 4. Mai 2004 stellte der Kläger den Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe für seine fortdauernde Ausbildung, der Gegenstand dieses Rechtsstreites ist. Er gab an, dass der Hin- und Rückweg von der Wohnung der Eltern zur Ausbildungsstätte (einfache Strecke 31 km) mit öffentlichen Verkehrsmitteln insgesamt mehr als zwei Stunden dauern würde. Für Pendelfahrten, um zur Berufsschule in M. zu gelangen, machte er weiterhin einen Betrag in Höhe von 23,50 EUR monatlich geltend. Angaben zu Familienheimfahrten und den dadurch entstehenden Kosten machte er nicht. Zum Beleg für das Einkommen seiner Eltern reichte er den Einkommensteuerbescheid 2002 für die Eheleute R. und M H in E ... ein. Danach erzielte der Vater des Klägers 2002 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 17.796,00 EUR und die Mutter des Klägers einen solchen von 34.482,00 EUR. Die zu versteuernden Einkünfte 2002 betrugen für den Vater des Klägers 15.256,00 EUR und für die Mutter des Klägers 33.438,00 EUR. Zugleich machte der Kläger geltend, dass sich die Einkommensverhältnisse seines Vaters aktuell geändert hätten, da dieser seit 1. Juni 2004 arbeitslos sei. Der Vater des Klägers erhielt im Jahr 2004 vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Mai 2004 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 4.179,00 EUR und vom 1. Juni 2004 bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosengeld ...

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