Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. medizinisch-technische Röntgenassistentin. freiberufliche Tätigkeit. Honorarvertrag. Tätigkeit für mehrere Auftraggeber. Vergütungshöhe. Fähigkeit zur Eigenvorsorge. Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 12 R 3/18 R

 

Orientierungssatz

1. Dem Kriterium der Tätigkeit für mehrere Auftraggeber kommt im Rahmen der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit auch unter Berücksichtigung des § 7 Abs 4 S 1 Nr 2 SGB 4 in der Fassung des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (juris: SVKorrG) vom 19.12.1998 (BGBl I 1998, 3843) kein besonders starkes Gewicht zu (entgegen LSG Schleswig-Holstein vom 11.5.2017 - L 5 KR 73/15 = juris RdNr 42).

2. Die grundsätzliche systematische Zuordnung der Fähigkeit zur Eigenvorsorge zur Frage der Versicherungspflicht schließt es aus, diesem Kriterium schon im Rahmen der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit ein vergleichbar starkes Gewicht beizumessen wie den vom Gesetzgeber dem Typus der abhängigen Beschäftigung ausdrücklich zugewiesenen Anhaltspunkten der Weisungsgebundenheit und Eingliederung.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.9.2015 wird zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 3) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als medizinisch-technische Röntgenassistentin (MTRA) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.10.2012 bis zum 25.11.2014 unterlegen hat.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine ärztliche Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin an zwei Standorten in L. Sie ist in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert. Nach ihrem Internetauftritt ist u.a. eines ihrer zentralen Ziele die "Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung der ärztlichen Tätigkeit im Sinne einer bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Patientenversorgung auf hohem Niveau". Ein bestehendes Qualitätsmanagement - so die Internetpräsenz der Klägerin weiter - regelt daher verbindlich die verschiedenen Abläufe der Praxistätigkeit für die klägerischen Ärzte und Mitarbeiter. Das System beruht auf schriftlich niedergelegten Arbeitsanweisungen, Checklisten und Formularen. Diese sind allen Mitarbeitenden zugänglich. Sie werden regelmäßig aktualisiert. Ihre Kenntnis ist für alle Mitarbeitenden verpflichtend. Ferner sind im Rahmen dieses Qualitätsmanagements Hygienestandards, administrative Abläufe, Personalangelegenheiten und Fortbildungsmaßnahmen sowie ein Beschwerde- und Fehlermanagement geregelt.

Die 1971 geborene Beigeladene zu 3) übt den Beruf der MTRA aus. Sie hat kein Gewerbe angemeldet und seit Februar 2014 eine eigene Betriebsnummer (000), ohne im Streitzeitraum über eigene Angestellte zu verfügen. Im September 2012 schloss sie eine Spezialhaftpflichtversicherung für das medizinische Hilfsgewerbe bei der C Versicherungs-Aktiengesellschaft mit einem jährlichen Beitrag im Streitzeitraum zwischen 147,26 EUR und 133,88 EUR ab. Ferner besteht eine Unternehmens-Rechtsschutzversicherung bei der S Rechtsschutz-Versicherungs AG mit einem monatlichen Beitrag von 33,64 EUR.

Insbesondere um aufgetretene Personalvakanzen wegen Erkrankungen und Schwangerschaften aufzufangen, beauftragte die Klägerin die Beigeladene zu 3) mit der Übernahme von MRT-Untersuchungen. Hierzu trafen beide zu Beginn ihrer Zusammenarbeit mit dem "Vertrag zur freien Mitarbeit/Honorarvertrag" (HV) vom 24.9.2012 folgende Übereinkunft:

"§ 1 Tätigkeit

Der Auftraggeber beauftragt die Auftragnehmerin als freiberufliche MTRA mit folgender Tätigkeit: Ausführung von MRT-Untersuchungen.

§ 2 Zeitraum der Leistungserbringung

Die Auftragnehmerin erbringt die in § 1 genannte Tätigkeit in der Zeit vom 01.10.2012 bis ... nach Absprache.

§ 3 Honorar

1) Die Auftragnehmerin erhält für ihre Leistungen ein Honorar von EUR 30 pro Stunde.

2) Das Honorar ist nach Rechnungsstellung zahlbar ohne Abzüge binnen 7 Tagen.

3) Mit dem vereinbarten Honorar sind alle Kosten der Auftragnehmerin (Steuern, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, An- und Abfahrt, einschließlich aller Risiken wie Unfall, Krankheit, Tod) abgegolten. Von Seiten des Auftraggebers werden keinerlei Steuern, Sozialabgaben oder sonstige Versicherungen abgeführt. Die pünktliche Abführung der auf das Honorar zu entrichtenden Steuern (insbesondere Einkommen-steuer) obliegt der Auftragnehmerin.

§ 4 Krankheit, Urlaub, sonstige Arbeitsverhinderung

Der Auftragnehmerin steht kein Vergütungsanspruch zu, wenn sie in Folge von Krankheit oder sonstiger ...

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