Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgung mit einem Sportrollstuhl durch die Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Der Versicherte hat Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel, das erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Der Versorgungsanspruch wegen einer drohenden Behinderung ist ausgeschlossen, wenn die Behinderung bereits eingetreten ist.

2. Hilfsmittel i. S. der Krankenversicherung sind nur solche, die die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich, sondern im gesamten täglichen Leben beseitigen oder mildern und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Davon wird die sportliche Betätigung im Freizeitbereich nicht erfasst. Der Sportrollstuhl ist damit kein Hilfsmittel i. S. des § 33 SGB 5, weil seine Funktion über die Gewährung eines Basisausgleichs hinausgeht.

3. Ein Sportrollstuhl ist dann nicht erforderlich, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, wenn dieses Ziel auch auf anderm Weg erreicht werden kann. Die Krankenversicherung ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht zur bestmöglichen, sondern zur notwendigen und wirtschaftlichen Versorgung verpflichtet. Die Ausübung einer bestimmten Sportart, die einen besonders hohen therapeutischen Nutzen bringt, trägt nicht den Anspruch auf Versorgung mit einem Sportrollstuhl durch die Krankenkasse.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 19.04.2007 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versorgung des Klägers mit einem Sportrollstuhl.

Der 44jährige Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der rechten Schulter sowie im Vordergrund stehend an einer Störung der Extremitätenentwicklung. Ihm fehlen der linke Unterarm, der rechte Unterschenkel und der linke Oberschenkel.

Im Oktober 2002 beantragte er bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung einen gewichtsoptimierten Festmaßrollstuhl für Therapie- und Breitensport (Kostenvoranschlag der Kraft Reha Technik Vertriebs GmbH vom 25.10.2002 über 3.718,19 EUR). Die Beklagte lehnte den Antrag unter dem 25.11.2002 mit der Begründung ab, dass sie dem Kläger bereits zwei Aktivrollstühle zur Verfügung gestellt habe. Auf den Einwand des Klägers, dass der 1998 für den Straßengebrauch gelieferte Rollstuhl irreparabel fahruntüchtig sei, bot die Beklagte ihm einen Rollstuhl aus dem kasseneigenen Bestand (K4 von Küschall) an. Nachdem der Kläger dieses Angebot mit der Begründung ausgeschlagen hatte, dass der Rollstuhl K4 zu schwer sei, lehnte die Beklagte die Versorgung des Klägers mit einem Rollstuhl für den Freizeitsport ab (Schreiben vom 13.02.2003). Mit Schreiben vom 05.03.2003 reichte die Firma Sch. Reha-Technik GmbH für den Kläger der Beklagten einen weiteren Kostenvoranschlag für einen "Aktivrollstuhl nach Körpermaß und Behinderungsgrad im Sonderbau gefertigt" über 3.376,76 EUR unter Hinweis darauf ein, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung auf einem Maßrollstuhl angewiesen sei. Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme unter Hinweis auf einen unveränderten Sachstand ab (Schreiben vom 18.03.2003 und 28.05.2003); der nach Angaben des Klägers für die Sportausübung gedachte Rollstuhl u.a. mit Saalbereifung und in besonders leichter Ausführung werde nicht vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erfasst. Der Kläger legte darauf hin eine Verordnung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. K vom 26.09.2002 (Aktivrollstuhl nach Maß) sowie einen Arztbrief von Dr. L, Oberarzt der Klinik für Technische Orthopädie und Rehabilitation des Universitätsklinikums N, vom 13.08.2003 vor, in dem u.a. ausgeführt wird, dass der Kläger anstelle des defekten Aktivrollstuhls dringend einen seinen Bedürfnissen adaptierten Rollstuhl benötige. Zu berücksichtigen sei, dass bereits Fehlbildungen bzw. Belastungsschäden in der Schulter aufgetreten seien. Die Fortführung des bisher zweimal wöchentlich durchgeführten Reha-Sports werde empfohlen, um die Selbständigkeit und Mobilität des noch jungen Patienten zu erhalten und um chronische Folgeschäden zu verhindern. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Hilfsmittelberaters L ein. Dieser führte unter dem 12.09.2003 aus, dass der aktive Rollstuhl für den Außenbereich verschlissen sei. Eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung wäre mit einem Rollstuhl K4 gegeben, jedoch sei der Gewichtsunterschied und somit die Versorgung mit einem sehr leichten Rollstuhl für den Kläger beim Verladen oder Überwinden von Stufen von Vorteil. Das erneute Angebot der Beklagten, ihm aus dem Kassenbestand einen Rollstuhl zu stellen, wies der Kläger ebenso zurück wie das Angebot, sich an dem von ihm begehrten Rollstuhl mit 1.300 EUR zu beteiligen.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2003 die Übernah...

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