Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung eines Eingliederungszuschusses bei Einstellung eines Familienangehörigen

 

Orientierungssatz

1. Arbeitgeber können zur Eingliederung von Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, nach § 421 f SGB 3 Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten erhalten.

2. Sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens, ob die Arbeitgeberleistung überhaupt gewährt werden darf, als auch hinsichtlich des Auswahlermessens, in welcher Höhe bzw. für welche Dauer der Eingliederungszuschuss zu leisten ist, gibt § 217 S. 2 SGB 3 mit dem Umfang der Minderleistung und den jeweiligen Eingliederungserfordernissen Ermessenskriterien vor.

3. Die Eingliederungsfähigkeit weist eine arbeitsplatz- und eine arbeitnehmerbezogene Komponente auf. Fehlt es an der Eingliederungsfähigkeit, ist eine Eingliederung nicht zu erwarten. Insbesondere die arbeitsplatzbezogene Komponente bedarf genauerer Untersuchung, wenn eine Einstellung bei Familienangehörigen erfolgen soll. Unter diesen Vorgaben ist nicht zu erkennen, dass eine ausgebildete medizinisch-technische Assistentin mit 20-jähriger Berufserfahrung als Ehefrau des Firmeninhabers geeignet sein könnte, einen Arbeitsplatz als Elektroniker bzw. Hifi-Techniker auszufüllen.

4. Die Gewährung eines Eingliederungszuschusses nach § 217 SGB 3 setzt u. a. das Bestehen eines Vermittlungshemmnisses voraus. Das Alter scheidet insoweit aus, weil § 421 f SGB 3 diesen Lebenssachverhalt als Sonderregelung erfasst. Eine Beschäftigungslosigkeit stellt dann ein in der Person liegendes Vermittlungshemmnis dar, wenn sie auf größeren Lücken in der Erwerbsbiographie beruht und daraus ein Wettbewerbsnachteil resultiert, vgl. BSG Urteil, vom 06 Mai 2008 B 7/7a AL 16/07 R.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.10.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt einen Eingliederungszuschuss für die Einstellung seiner Ehefrau.

Der Kläger ist Inhaber der Einzelfirma Hifi-Vertrieb N in F. Er entwickelt "High-End"-Hifi-Geräte, stellt diese her sowie vertreibt sie. Das Fertigungsspektrum umfasst insbesondere Röhrengeräte (Verstärker), Wandler für Phono und CD, ferner Kopfhörer sowie Lautsprecher.

Seine Ehefrau Q-N ist am 00.00.1951 geboren, ihr gemeinsamer Sohn N N am 00.00.1986. Die Ehefrau des Klägers ist ausgebildete medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin. In diesem Beruf war sie bis Ende September 2002 über 20 Jahre lang mit einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 2.505 Euro beschäftigt. Sie bezog vom 01.10.2002 bis zum 31.12.2003 Arbeitslosengeld. Vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2006 war sie als Arzthelferin in einer Arztpraxis mit einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 1.265 Euro in Teilzeit (22 Stunden wöchentlich) beschäftigt. Die Beklagte bewilligte ihr ab dem 01.10.2006 für die Dauer von 450 Tagen Arbeitslosengeld (unter Verfügung einer Sperrzeit vom 01.10. bis 23.12.2006). Vom 08.10.2007 bis zum 27.06.2008 nahm sie an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme teil, deren Ziel die Vorbereitung für die Prüfung zum Diplom "Geprüfte(r) kaufmännische(r) Assistent(in)" des Bundesverbandes Sekretariat und Büromanagement war. Zum Inhalt der Maßnahme gehörten u.a. Büroorganisation/-kommunikation, BWL/Rechnungswesen/ Recht, EDV-Anwendungen (MS-Office) und Wirtschaftsenglisch.

Am 26.06.2008 sprach die Ehefrau des Klägers bei der Beklagten vor und teilte dort mit, dass ihr Ehemann sie in seinem Betrieb einstellen wolle, sofern eine Förderung erfolge.

Über ein sodann mit dem Kläger geführtes Gespräch am 30.06.2008 fertigte die Beklagte einen Beratungsvermerk, wonach der Kläger mit der Hauptbetreuerin seiner Ehefrau gesprochen hat; seine Ehefrau habe er ausschließlich mit einem Eingliederungszuschuss einstellen wollen. Ebenfalls am 30.06.2008 erteilte der Kläger der Beklagten einen Vermittlungsauftrag für eine Stelle als "Elektrowickler". Unter "Stellenbeschreibung" wurde ausgeführt: "Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir einen Helfer/in, der sowohl unterstützend im Hifi-Technik Bereich als auch im Bürobereich eingesetzt werden kann. Ihr Tätigkeitsbereich umfasst neben sämtlichen anfallenden Bürotätigkeiten auch die Mithilfe bei der Herstellung von High-End-Geräten (Boxenbau, Lötarbeiten, Schleifen von Holz und Metallen, Gewinde schneiden, Bohren, Bestücken von/mit Platinen, Wickeln von Trafospulen)."

Am 14.07.2008 teilte der Kläger nach einem Vermerk der Beklagten von diesem Tag mit, dass er nun doch nicht nur seine Frau einstellen würde, sondern auch auf der Suche nach anderen geeigneten Bewerbern sei.

Auf das Stellenangebot des Klägers meldeten sich sechs arbeitsuchende Personen bei der Beklagten. Alle Bewerber hatten Kenntnisse und Berufserfahrung in den Bereichen Radio- und Fernsehtechnik und im kaufmännischen Bereich. Einer dieser Bewerber, Herr I, stellte sich bei dem Kläger vor, dessen Einstellung er ablehnte. Herr I ist 1957 geboren und gelernte...

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