Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn eine Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis nach Weisungen erfolgt und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft gekennzeichnet.

2. Ist der Geschäftsführer einer GmbH gleichzeitig Gesellschafter und hat er aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH und kann er damit Beschlüsse und Einzelanweisungen an sich jederzeit verhindern, so ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen. Mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte kann er nämlich die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden.

3. Ein solcher maßgeblicher Einfluss liegt dann vor, wenn der Geschäftsführer einen Anteil von mindestens 50 % des Stammkapitals innehat und damit Einzelanweisungen an sich als Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann.

4. Verfügt der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, über keine Sperrminorität, erhält er ein monatliches Festgehalt, ist er in einen fremden Betrieb eingegliedert und rechtlich weisungsgebunden tätig, so besteht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.07.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV -) über die Versicherungspflicht des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken-, der sozialen Pflege- und der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 01.07.2011 bis zum 31.07.2013.

Der am 00.00.1985 geborene Kläger erwarb im März 2010 an der T School of Business and Economics X einen Abschluss als Bachelor of Economic Science (honours). Im Folgejahr gründete er zusammen mit anderen Personen eine GmbH. Der notarielle Gesellschaftsvertrag vom 29.03.2011 hat auszugsweise folgenden Inhalt:

§ 1. Firma und Sitz

Die Firma der Gesellschaft lautet:

G GmbH.

Sitz der Gesellschaft ist X.

§ 2. Gegenstand des Unternehmens

Gegenstand der Gesellschaft ist die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb von elektronischen und elektrischen Systemen, sowie alle damit verbundenen Nebengeschäfte. ( ...)

§ 3. Stammkapital

Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 26.000,- EUR - in Worten: sechsundzwanzigtausend Euro.

Von dem Stammkapital der Gesellschaft übernehmen:

a) Herr K B, der Erschienene zu 1., eine Stammeinlage von 7.150,- EUR

b) Herr E I, der Erschienene zu 2., eine Stammeinlage von 5.200,- EUR

c) Herr D L, der Erschienene zu 3., eine Stammeinlage von 7.150,- EUR

d) N GmbH, vertreten durch den GF Herrn N C, der Erschienene zu 4., eine Stammeinlage von 6.500,- EUR.

Die Hälfte der Stammeinlagen wird mit Gründung eingezahlt, der Rest nach Anforderung durch die Geschäftsführung auf Grund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung.

( ...)

§ 5. Geschäftsführung

(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die durch die Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen werden.

(2) Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft im Außenverhältnis allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft im Außenverhältnis durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann auch bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer einzelnen von ihnen oder allen Alleinvertretungsbefugnis erteilen. Die Gesellschafterversammlung kann Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.

( ...)

(4) Die Gesellschaft ist durch eine Geschäftsordnung berechtigt, die von der Gesellschafterversammlung zu genehmigen ist, eine Ressortaufteilung vorzunehmen. Für die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bedarf es eines wichtigen Grundes. Die Geschäftsführer sind an die gesetzlichen Vorschriften, die Beschlüsse des Beirats, der Gesellschafterversammlung und deren sonstige Weisungen sowie an die Bestimmungen eines etwaigen Anstellungsvertrages gebunden, all dies aber nur im Innenverhältnis.

(5) Grundsätzlich sollen die Beschlüsse der Geschäftsführer einstimmig gefasst werden. Falls Einstimmigkeit sich nicht erzielen lässt, entscheiden die Geschäftsführer durch einfache Mehrheit nach Köpfen. Der Beirat kann aus der Mitte der Geschäftsführer einen Sprecher wählen und die Geschäftsführung zwischen mehreren Geschäftsführern regeln.

(6) Die Geschäftsführer wer...

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