Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Minderung des Zugangsfaktors. Anhebung der Altersgrenze. Anwendung der Vertrauensschutzregelung. Vertrauensschutz durch Interessenausgleich bzw Sozialplan. kollektive Vereinbarung. arbeitgeberseitige Kündigung nach dem 14.2.1996. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Interessenausgleich und Vereinbarungen über Sozialplanvolumen sind keine Vereinbarungen iS der gesetzlichen Vertrauensschutzregelungen. Zwar können auch kollektive Vereinbarungen unter den Anwendungsbereich des § 237 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst b SGB 6 idF vom 16.12.1997 fallen (vgl BSG vom 30.10.2001 - B 4 RA 15/00 R = SozR 3-2600 § 237 Nr 1). Der Begriff Vereinbarung fordert nach seiner systematischen Stellung bei den Beendigungstatbeständen zumindest einen bindenden Antrag des Versicherten auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses iS der §§ 133, 145 BGB vor dem 14.2.1996 oder ein entsprechendes Angebot des Arbeitgebers.

2. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgezogene Anhebung der Altersgrenze bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und insbesondere die Ausgestaltung der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs 2 SGB 6 idF vom 16.12.1997 bestehen nicht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.12.2006; Aktenzeichen B 13 RJ 19/05 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.09.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) darüber, ob die dem Kläger ab 01.11.1999 bewilligte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung eines nach Maßgabe des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der Fassung vom 16.12.1997 (BGBl. I 2998) - jetzt § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI - ungeminderten Zugangsfaktors von 1,00 zu berechnen ist oder ob wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme dieser Rentenart ein Zugangsfaktor von 0,898 zugrunde zu legen ist.

Der ... 1939 geborene Kläger war seit dem 23.05.1955 bei der Firma C GmbH/N im Produktionsbereich versicherungspflichtig beschäftigt. Vor dem Hintergrund einer bis Ende 1996 geplanten Stilllegung des gesamten Produktionsbereichs vereinbarten der Betriebsrat und die C GmbH am 18.02.1994 ein Sozialplanvolumen, dem ein Sozialplan vom 15.03.1994, in welchem unter Bezugnahme auf den Interessenausgleich vom 18.02.1994 insbesondere die Höhe der Abfindungsleistungen geregelt war, folgte. Aus dem Sozialplan und dem Interessenausgleich geht weiter hervor, dass die von der Werksstilllegung betroffenen Arbeitnehmer jeweils zu einem späteren Zeitpunkt durch individuelle firmenseitige Kündigung oder durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Betrieb ausscheiden sollten. Nachdem sich wegen unvorhergesehener Entwicklungen innerhalb der internationalen C-Gruppe der Termin für die Schließung des Produktionsstandortes in Neuss in das Jahr 1997 verschob, wurde eine zusätzliche Betriebsvereinbarung vom 07.03. bzw. 13.03.1996 getroffen, in dem weitere Modalitäten hinsichtlich der Abfindungen etc. geregelt wurden.

Mit Schreiben vom 04.12.1996 kündigte die C GmbH das Arbeitsverhältnis des Klägers unter Bezugnahme auf die Konzernentscheidung zur Restrukturierung von Case sowie auf der Grundlage des Interessenausgleichs/Vereinbarung über Sozialplanvolumen vom 18.02.1994, dem Sozialplan vom 15.03.1994 und der Betriebsvereinbarung vom 7./13.03.1996 unter Einhaltung der arbeitgeberseitigen gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30.09.1997. Am 30.06.1997 erfolgte die tatsächliche Schließung des Werks in N.

Der zwischenzeitlich arbeitslos gemeldete Kläger bat unter dem 05.12.1997 bei der Beklagten um Auskunft, ob er im Falle eines vorzeitigen Rentenbeginnes unter die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 2 Nr. 1 b SGB VI falle. Hierbei vertrat er die Ansicht, dass der Interessenausgleich/Sozialplan vom 18.02.1994 als Vereinbarung im Sinne dieser Vertrauensschutzregelung anzusehen sei. Mit Bescheid vom 30.01.1998 und Widerspruchsbescheid vom 02.06.1998 stellte die Beklagte fest, eine wirksame Vereinbarung im Sinne des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI liege nicht vor. Im anschließenden Klage- bzw. Berufungsverfahren (Sozialgericht Düsseldorf, Aktenzeichen S 39 RJ 89/98 und L 14 RJ 168/00) hob die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen am 26.10.2001 die erteilten Feststellungsbescheide auf und wertete die eingelegte Berufung vom 28.11.2000 als Überprüfungsantrag hinsichtlich des zwischenzeitlich ergangenen Altersrentenbescheid vom 05.08.1999. In diesem Bescheid hatte die Beklagte die dem Kläger ab dem 01.11.1999 auf der Grundlage seines Antrags vom 05.06.1999 gewährte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung eines auf 0,898 gekürzten Zugangsfaktors wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente berechnet....

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